Sozialleistungen sind für die Frage, ob diese unterhaltsrelevantes Einkommen darstellen, grundsätzlich dahingehend zu unterscheiden, ob ihnen eine Lohnersatzfunktion zukommt oder nicht. Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion sind als unterhaltsrelevantes Einkommen anzusehen. Soweit Sozialleistungen hingegen nur eine Unterhaltsersatzfunktion zukommt, weil die Leistung nur den akuten Unterhaltsbedarf sichern soll, sind sie nicht als bedarfsdeckend anzusehen.

Folgende Sozialleistungen sind von Praxisrelevanz:

2.5.1 Arbeitslosengeld I

ALG I ist Ersatz für infolge Arbeitslosigkeit fehlendes Arbeitseinkommen und bei der Unterhaltsbemessung voll zu berücksichtigen.[1] Dies gilt selbst für den Fall, dass das bisherige Erwerbseinkommen aus überobligatorischer Beschäftigung erzielt wurde.[2]

2.5.2 Bürgergeld (Arbeitslosengeld II)

Das Bürgergeld (früher ALG II) ist grundsätzlich unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Beim Unterhaltspflichtigen wird das Bürgergeld hingegen grundsätzlich als Einkommen betrachtet. Aufgrund der Höhe der Regelsätze wird es dennoch in der Regel an der Leistungsfähigkeit scheitern, weil die Selbstbehaltssätze unterschritten werden.

2.5.3 Krankengeld, Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld

Derartige Leistungen sind Lohnersatzleistungen und somit als Einkommen anzurechnen.[1] Selbiges gilt für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

[1] BGH, Urteil v. 1.10.1986, IVb ZR 68/85.

2.5.4 Pflegegeld

Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld und ähnliche Sozialleistungen sind Einkommen[1], wobei § 1610a BGB zu beachten ist. Nach § 1610 BGB besteht die Vermutung, dass infolge von Körper- oder Gesundheitsschäden dem Berechtigten gewährte Sozialleistungen durch den schädigungsbedingten Mehrbedarf aufgezehrt werden.

Pflegegeld nach §§ 37 ff. SGB XI, das an den Pflegenden weitergeleitet wird, ist nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 6 SGB XI Einkommen.

Pflegegeld nach § 64 SGB XII für eigene schwerbehinderte Kinder und nach § 39 SGB VIII für die Aufnahme fremder Kinder ist, mit seinem im Einzelfall zu bemessenden Vergütungsanteil, Einkommen. Bei Pflegegeld, das nach § 39 Abs. 1 SGB VIII für ein Pflegekind gezahlt wird, ist derjenige Teil des Pflegegeldes, der für den Bar- und Betreuungsbedarf des Kindes geleistet wird, nach wirtschaftlicher Betrachtung dem Kind zuzurechnen und kann daher kein Einkommen beim Pflegenden sein. Hingegen ist der auf den Erziehungsbeitrag entfallende Teil des Pflegegeldes unterhaltsrechtlich dem das Pflegegeld Beziehenden als Einkommen zuzurechnen.[2]

[1] OLG Koblenz, FamRZ 2005, 1482.

2.5.5 Berufsausbildungsbeihilfen

Berufsausbildungsbeihilfen sind als Lohnersatzleistungen grundsätzlich Einkommen des Auszubildenden, weil sie im Regelfall von der Agentur für Arbeit nicht zurückgefordert werden können.

2.5.6 BAföG

BAföG-Leistungen stellen grundsätzlich auf Seiten des Berechtigten unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen dar[1] und zwar auch bei darlehensweiser Gewährung.[2] Nur wenn die BAföG-Leistungen als Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG gewährt werden, stellen sie kein Einkommen dar. Auch auf Seiten des Pflichtigen sind BAföG-Leistungen grundsätzlich relevantes Einkommen.

[1] Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil v. 24.8.2005, 15 UF 75/05.
[2] BGH, Urteil v. 19.6.1985, IVb ZR 30/84.

2.5.7 Wohngeld / Heizkostenzuschuss

Wohngeld ist grundsätzlich unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen.[1] Etwas anderes gilt nur, wenn das Wohngeld einen erhöhten Wohnkostenbedarf ausgleicht. Dabei muss der Wohngeldempfänger darlegen, dass das Wohngeld im konkreten Fall erhöhte Wohnkosten ausgleicht.

Der durch Gesetz vom 29.4.2022 eingeführte Heizkostenzuschuss nach dem Heizkostenzuschussgesetz ist ausschließlich zur Deckung der gestiegenen Energiekosten bestimmt[2] und dürfte daher unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen sein.

[2] BT-Drs. 20/1065, S. 13.

2.5.8 Elterngeld

Das Elterngeld ersetzt seit dem 1.1.2007 das Erziehungsgeld. Rechtsgrundlage ist das BEEG (Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit). Die Höhe des Elterngeldes bestimmt sich nach §§ 2 f. BEEG, wobei für die Berechnung des Elterngeldes das durchschnittliche Einkommen des Antragstellers aus Erwerbsarbeit in den 12 Kalendermonaten vor dem Kalendermonat der Geburt maßgeblich ist. Elterngeld wird mindestens i. H. v. 300 EUR gezahlt. In den übrigen Fällen liegt es zwischen 65 und 100 % des wegfallenden bereinigten Nettoeinkommens des Antragstellers, höchstens bei 1.800 EUR. Nach § 11 Satz 1 BEEG werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Zahlung von Elterngeld und vergleichbarer Leistungen der Länder nur insoweit berührt, als die Zahlung 300 EUR übersteigt. Der Betrag von 300 EUR wird mithin bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen nicht berücksichtigt, wenn diese vom Leistungsempfänger geltend gemacht werden. Eine Ausnahme hiervon enthält § 11 S. 4 BEEG für die Fälle des § 1361 Abs. 3, 1579, 1603 Abs. 2 und 1611 Abs. 1 BGB.

Hieraus ergibt sich zugleich, dass auch der Betrag von 300 EUR bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Empfängers einbezogen ...

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