Liegt ein Fall, welcher nach der "Hausmann-Rechtsprechung" zu beurteilen ist, vor, ist in einem ersten Schritt zu überprüfen, ob die von den neuen Ehegatten bzw. Partnern getroffene Rollenwahl für die unterhaltsrechtliche Bewertung akzeptiert werden kann. Minderjährigen unverheirateten Kindern aus einer früheren Ehe, die nicht innerhalb der neuen Familie leben, kommt die Haushaltsführung in dieser Familie weder unmittelbar noch mittelbar zugute. Da diese Kinder den Mitgliedern der neuen Familie unterhaltsrechtlich nicht nachstehen, darf sich der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht ohne weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie beschränken. Auch, dass die vom Unterhaltspflichtigen betreuten jüngsten Kinder in der neuen Ehe geboren sind, ändert nichts daran, dass die Unterhaltsansprüche aller minderjährigen unverheirateten Kinder aus den verschiedenen Ehen gleichrangig sind und der Unterhaltspflichtige seine Arbeitskraft zum Unterhalt aller Kinder einsetzen muss.
Sind aus der neuen Ehe keine betreuungsbedürftigen Kinder hervorgegangen, so kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe regelmäßig nicht auf eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit durch die Haushaltsführung berufen.
Wenn der Unterhaltspflichtige in der früheren Ehe erwerbstätig war und diese Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Rollenwechsels zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung in der neuen Ehe aufgegeben hat, kann der Rollentausch und die sich daraus ergebende Minderung der Erwerbseinkünfte unterhaltsrechtlich nur dann akzeptiert werden, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte, die einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen, im Einzelfall den Rollentausch rechtfertigen. Die Rollenwahl muss beispielsweise – unter Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall – dann hingenommen werden, wenn sich der Familienunterhalt in der neuen Ehe dadurch, dass der andere Ehegatte voll erwerbstätig ist, wesentlich günstiger gestaltet, als es der Fall wäre, wenn dieser die Kindesbetreuung übernehmen würde und der unterhaltspflichtige Elternteil voll erwerbstätig wäre.
Allerdings kann die Möglichkeit, in der neuen Ehe durch den Rollentausch eine Erhöhung des wirtschaftlichen Lebensstandards und eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität zu erreichen, dann nicht mehr ohne weiteres als Rechtfertigung dienen, wenn sie gleichzeitig dazu führen würde, dass der Unterhaltspflichtige sich gegenüber den Berechtigten auf seine damit einhergehende Leistungsunfähigkeit beruft und damit deren bisherigen Lebensstandard verschlechtert.
Außer den wirtschaftlichen Gesichtspunkten können auch sonstige Gründe, die einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen, im Einzelfall einen Rollentausch rechtfertigen. Damit ist allerdings keine Auflockerung des strengen, auf enge Ausnahmefälle begrenzten Maßstabs verbunden, der einen wesentlichen, den Verzicht auf den Rollentausch unzumutbar machenden, Vorteil für die neue Familie voraussetzt und selbst im Falle eines zulässigen Rollentausches vom unterhaltspflichtigen Ehegatten verlangt, die Tätigkeit im Haushalt auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken und die Beeinträchtigung der Unterhaltsansprüche der Berechtigten so gering wie möglich zu halten. Vielmehr müssen die sonstigen Gründe von gleich großem Gewicht sein, wenn der Unterhaltspflichtige damit seine Aufgabenverteilung in der neuen Ehe gegenüber den Unterhaltsansprüchen seiner alten Familienmitglieder rechtfertigen will. Denn diese müssen eine Einbuße ihrer Unterhaltsansprüche nur dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung ihr eigenes Interesse an der Beibehaltung ihrer bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt. Dabei stellen jene Fälle, in denen die Übernahme der Haushaltsführung und Kindesbetreuung im Vergleich zur Erwerbstätigkeit in der früheren Ehe mit einem Rollenwechsel verbunden ist, eine besondere Kategorie dar, in denen die Gründe, die einen solchen Rollentausch rechtfertigen, besonders restriktiv zu fassen sind. Diese restriktive Betrachtungsweise führt in der Praxis dazu, dass bisher noch keine Entscheidungen veröffentlicht sind, in denen die sonstigen Gründe einen Rollenwechsel gerechtfertigt hätten. Der Wunsch nach einer intensiven Kindesbeziehung reicht jedenfalls zur Rechtfertigung der Rollenwahl nicht aus.
Erfolgte kein Rollenwechsel, weil der betreuende Elternteil bereits während der früheren Ehe wegen der Haushaltsführung und Kinderbetreuung keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat und erzielt der neue Ehegatte ein erheblich höheres Einkommen, als der betreuende Ehegatte unter Berücksichtigung seiner Vorbildung erzielen könnte, ist diese Rollenwahl in der Regel nicht zu beanstanden.
Die Kinder aus erster Ehe müssen eine Einbuße ihrer Unterhaltsansprüche also nur dann hinnehmen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Fa...