Leitsatz
Die Parteien stritten um den Kindesunterhalt. Der Kläger ist der Sohn des Beklagten. Die Eltern waren nicht verheiratet und hatten unverheiratet zusammengelebt. Nach ihrer Trennung zu Beginn des Jahre 2003 zog die Mutter mit dem Kläger aus. Der Kläger lebte seither bei der alleinsorgeberechtigten Mutter. Er war an Epilepsie erkrankt und besuchte in Berlin eine Kindertagesstätte. Im Sommer 2004 zog die Mutter mit dem Kläger während des laufenden Unterhaltsverfahrens in die Schweiz, wo sie seit 2005 mit 60 % einer Volltagsstelle berufstätig war. In der Schweiz fielen für die halbtägige Betreuung in einer Kindereinrichtung monatliche Kosten von 298,00 EUR an, die die Mutter des Klägers von dem Beklagten zusätzlich zum Tabellenunterhalt verlangte.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten zu einem laufenden monatlichen Unterhalt von 513,00 EUR ab März 2006 entsprechend seinem Anerkenntnis verurteilt sowie darüber hinaus zu monatlichen weiteren 77,00 EUR ab März 2005. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dies u.a. mit der Begründung, dass der Kindergartenbeitrag grundsätzlich Mehrbedarf des Kindes sein könne, die Kosten in dem geleisteten Unterhalt jedoch enthalten seien.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Kläger Berufung und der Beklagte Anschlussberufung eingelegt.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das KG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass in Literatur und Rechtsprechung der Oberlandesgerichte streitig sei, ob es sich bei den Kosten für die Unterbringung eines Kindes in einem Kindergarten um einen Bedarf des Kindes oder des betreuenden Elternteils handele. Teilweise werde vertreten, dass diese Kosten Mehrbedarf des betreuenden Elternteils seien, weil dieser durch seine eigene Erwerbstätigkeit zusätzliche Kosten für eine Bezugsperson verursache (vgl. KG FamRZ 1979, 67, 68), oder diese Kosten Teil des dem Kind geschuldeten Naturalunterhalts seien (vgl. OLG Frankfurt v. 23.7.1979 - 1 UF 297/78, FamRZ 1980, 183, 184; OLG Karlsruhe v. 28.4.1998 - 2 WF 41/98, OLGReport Karlsruhe 1999, 27 = NJW-RR 1999, 4; i.E.a. Wendl/Scholz Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6 Aufl., § 2 Rz. 275; Betreuungsaufwand des betreuenden Elternteils). Andere unterschieden danach, ob der betreuende Elternteil berufstätig sei, dann handele es sich um dessen Mehrbedarf, bei einem nicht berufstätigen Elternteil liege dagegen ein Bedarf des Kindes vor (vgl. OLG Hamburg DAVorm 1998, 710, 711).
Teilweise solle entscheidend sein, ob der Kindergartenbesuch allein pädagogische Gründe habe. Nur in diesem Fall solle es sich um einen Mehrbedarf des Kindes handeln (OLG München OLGReport München 1993, 154 und OLG München v. 27.11.1997 - 16 UF 1095/97, OLGReport München 1999, 43; ähnlich OLG Nürnberg v. 27.10.2003 - 10 UF 2204/03, OLGReport Nürnberg 2004, 148 = FamRZ 2004, 1063).
Nach einer weiteren Ansicht zählten die Kosten zumindest für den halbtätigen Besuch eines Kindergartens zum Bedarf des Kindes (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1610 Rz. 12; OLG Nürnberg v. 29.8.2005 - 10 UF 395/05, OLGReport Nürnberg 2005, 845; OLG Celle v. 30.8.2002 - 21 UF 26/02, FamRZ 2003, 323; OLG Zweibrücken v. 13.12.2001 - 6 WF 173/01, OLGReport Zweibrücken 2002, 230; OLG Stuttgart v. 16.6.1998 - 15 WF 264/98, FamRZ 1999, 884, 885).
Der zuletzt genannten Auffassung schloss sich das KG an, da nur diese den Bedürfnissen des Kindes gerecht werde. Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB VIII habe das Kind ab dem 3. Lebensjahr Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Für Kinder unter drei Jahren sei immerhin ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen vorzuhalten. Dieser Anspruch des Kindes diene in erster Linie und vorrangig dem Kind. Das Kind solle die Gelegenheit haben, in einer Gruppe mit anderen Kindern stundenweise oder tageweise betreut zu werden und hierdurch nicht nur soziale Kontakte zu pflegen und soziales Verhalten zu lernen, sondern darüber hinaus noch eine Förderung und Erziehung zu erhalten. Ob darüber hinaus der betreuende Elternteil diese Betreuungsmöglichkeit nutze, um einer stundenweisen Beschäftigung nachzugehen, rechtfertige es nicht, die Kosten für den Besuch einer Kindereinrichtung als Bedarf des betreuenden Elternteils anzusehen. Zum einen werde in der aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussion gerade im Hinblick auf das Wächteramt des Staates zum Schutz des Kindeswohls vermehrt gefordert, dass Kinder Kindergärten und andere vergleichbare Einrichtungen besuchen sollten, damit sie und das Erziehungsverhalten der Eltern einer gewissen Kontrolle unterliege. Der Besuch des Kindergartens diene in diesen Fällen unstreitig dem Kindeswohl. Zum anderen sei in einem Teil der Bundesländer - vorzugsweise den neuen Bundesländern einschließlich des Landes Berlin - der Besuch von Kindergärten und Kindertagesstätten mittlerweile so selbstverständlich geworden, dass Kinder Spielkameraden nur in derartigen Einrichtungen fänden, während Kinder, die diese Einrichtungen nicht besuchten, sich häufig alle...