Leitsatz
Die in den Jahren 1988 und 1990 geborenen Kläger waren die Adoptivkinder der beiden Beklagten. Im November 1999 wurden die Kläger wegen Verdachts der Kindesmisshandlung durch die Beklagten vom Jugendamt in Obhut genommen und in Kinderheimen untergebracht, wo sie seither - jedenfalls seit September 1999 - Hilfe zur Erziehung nach den Vorschriften des SGB VIII erhielten. Den Beklagten wurde das Sorgerecht entzogen und das zuständige Jugendamt zum Vormund bestellt. Ein Antrag auf Rückübertragung des Sorgerechts für einen der Kläger blieb in zwei Instanzen erfolglos.
Nach Übersendung einer Rechtswahrungsanzeige und Rückübertragung von Unterhaltsansprüchen verlangten die Kläger Unterhalt von den Beklagten. Das AG gab ihrer Klage überwiegend statt. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Unterhaltsbedarf der Kläger sei gedeckt gewesen. Hiergegen richtete sich ihre Revision.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.
Der Unterhaltsbedarf der Kläger sei durch die Leistungen der Jugendhilfe in vollem Umfang gedeckt gewesen. Zwar seien auch Leistungen der Jugendhilfe grundsätzlich gegenüber einem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch subsidiär, dies ergebe sich aus § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Diese Regelung werde allerdings durch die speziellen Heranziehungs- und Übergangsvorschriften der §§ 92, 94 Abs. 2 und Abs. 3 S. 2 SGB VIII konkretisiert. Nach § 94 Abs. 2 SGB VIII könnten die Eltern ohnehin nur in Höhe der durch die auswärtige Unterbringung ersparten Kosten herangezogen werden. Nur in diesem Umfang könne der Träger der Jugendhilfe in der gesetzlich vorgesehenen Form bei den unterhaltspflichtigen Eltern Rückgriff nehmen. Eine Überleitung von Ansprüchen gegen die Unterhaltspflichtigen schied nach Auffassung des BGH aus, weil dies nach § 96 SGB VIII a.F. nur bei Unterhaltsansprüchen junger Volljähriger in Betracht komme und beide Kläger in der Zeit bis März 2006 noch minderjährig gewesen seien.
Auf der Grundlage der Änderungen des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) seien Unterhaltsansprüche gegen die Beklagten für die Zeit ab April 2006 erst recht nicht gegeben. Der Träger der Kinder- und Jugendhilfe könne öffentlich-rechtliche Kostenbeiträge erheben. Unterhaltspflichten seien nicht vorrangig. Nach § Abs. 2 S. 2 SGB VIII sei der Bedarf durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach dem SGB VIII gedeckt. Dies müsse bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt werden. Die Heranziehung der Eltern sei auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag beschränkt. Auch eine Überleitung von Ansprüchen erfolge deshalb nicht mehr.
Hinweis
Eltern schulden einem auswärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, der sich regelmäßig pauschal nach der Höhe des Barunterhalts richtet.
Sind minderjährige Kinder in einem Heim untergebracht, richtet sich deren Unterhaltsbedarf nach den konkret entstehenden Kosten. Durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ist der Bedarf grundsätzlich gedeckt. Die Heranziehung der Eltern ist durch die Vorschriften der §§ 10 Abs. 2, 92 Abs. 2 sowie 94 Abs. 1 und 2 SGB VIII geregelt.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 06.12.2006, XII ZR 197/04