Leitsatz

In einem Rechtsstreit um den Unterhalt für ein minderjähriges Kind ging es zum einen um die Bemessung von dessen Unterhaltsbedarf sowie zum anderen um den Umfang des Anspruchsübergangs auf den Sozialleistungsträger, wenn dieser für das Kind als Teil einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen erbringt.

 

Sachverhalt

Der Sozialleistungsträger als Kläger nahm den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Kindesunterhalt für die Zeit von März 2008 bis Januar 2009 in Anspruch. Der Beklagte war der Vater des im Juni 1998 geborenen minderjährigen Kindes, das im Haushalt seiner Mutter lebte. Der Kläger zahlte für die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus Mutter, dem hier betroffenen Sohn J. und einem weiteren Sohn Leistungen nach dem SGB II.

Mit Schreiben vom 10.3.2008 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gewähre und der Unterhaltsanspruch - soweit er nicht erfüllt sei -, auf ihn als Leistungsträger übergehe. In diesem Schreiben wurde festgestellt, dass der Beklagte für seinen Sohn J. monatlichen Unterhalt von 204,52 EUR zahlte. Zugleich wurde der Beklagte aufgefordert, durch Ausfüllung eines Fragebogens Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Der Beklagte leistete weiterhin Unterhalt i.H.v. 204,52 EUR, erteilte dem Kläger jedoch keine Auskunft.

Daraufhin erhob der Kläger am 24.6.2008 Stufenklage. Den Auskunftsanspruch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 28.8.2008 anerkannt. Nach erfolgter Auskunftserteilung hat der Kläger seinen Anspruch beziffert und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, übergegangenen Unterhalt von 156,48 EUR monatlich für die Monate März bis Dezember 2008 und 166,48 EUR für Januar 2009 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Klage anerkannt, soweit der Kläger Leistungen nicht allgemein an die Bedarfsgemeinschaft, sondern konkret an das Kind J. gewährt hatte.

Das AG hat den Beklagten zur Leistung von Beträgen von unter 10,00 EUR für den Zeitraum von März bis Dezember 2008 und zur Zahlung von 126,48 EUR für Januar 2009 verurteilt.

Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich der Kläger mit der Berufung.

Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG wies zunächst darauf hin, dass trotz Inkrafttretens des FamFG am 1.9.2009 auf das vorliegende Verfahren das bisherige Verfahrensrecht Anwendung finde, da es vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sei.

Die Berufung sei begründet. Der ursprünglich dem Kind J. zustehende Unterhaltsanspruch sei in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang auf den Träger als Kläger der Leistungen nach SGB II übergegangen. Ein Zahlungsanspruch des Beklagten bestehe daher über den anerkannten Betrag hinaus.

Der Unterhaltsanspruch des Kindes J. bestimme sich nach der Einkommensgruppe 7 der Anlage I der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg.

Der Unterhaltsbedarf des minderjährigen Kindes richte sich nach dem unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils, hier also allein nach dem Einkommen des Beklagten, da die Mutter des Kindes ihre Unterhaltspflicht durch Pflege und Erziehung des Kindes erfülle.

Nach umfangreichen Ausführungen zur Errechnung des unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens des Beklagten und den einkommenserhöhend und einkommensmindernd zu berücksichtigenden Positionen errechnete das OLG ein bereinigtes Einkommen des Beklagten i.H.v. 2.765,00 EUR im Jahre 2008 und 2.768,00 EUR im Jahre 2009.

Der Unterhaltsbedarf des Kindes J. bemesse sich danach an sich nach der Einkommensgruppe 5 der Unterhaltstabelle der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg. Im Hinblick darauf, dass eine Unterhaltspflicht des Beklagten nur gegenüber einem Unterhaltsberechtigten bestehe, sei eine Höhergruppierung um zwei Einkommensgruppen, somit in die Einkommensgruppe 7, vorzunehmen.

Gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II gehe der Unterhaltsanspruch, wenn Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts empfangen worden seien, bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistung über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Nach dieser Vorschrift könnten auch Unterhaltsansprüche, die Kinder ggü. einem Elternteil zuständen, auf den Leistungsträger übergehen, falls er für die Kinder als Teil einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen erbringe (OLG Brandenburg, Urt. v. 16.12.2008 - 10 UF 129/08, NJW-RR 2009, 1090 [1091]).

Wenn danach das Kind grundsätzlich Leistungsempfänger sei, könne es für den Anspruchsübergang nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB II wegen der Höhe der geleisteten Aufwendungen nur auf den Anteil ankommen, der allein auf das Kind entfalle.

Die zum 1.1.2009 in Kraft getretene Änderung des § 33 Abs. 1 SGB II gelte rückwirkend auch im Hinblick auf Leistungen, die der Leistungsträger vor dem 1.1.2009 erbracht habe. Die Neuregelung trete nach Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente am 1.1.2009 in Kraft, ohne das...

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