Leitsatz
Der Vater eines minderjährigen Kindes begehrte Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtsverteidigung gegen die Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts. Er berief sich insoweit auf Leistungsunfähigkeit infolge von krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit aufgrund einer "depressiven Episode".
Zentrales Problem der Entscheidung war die Frage, welche Obliegenheiten den Unterhaltsverpflichteten zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft treffen und unter welchen Voraussetzungen ihm ein erzielbares Einkommen fiktiv angerechnet werden kann.
Das erstinstanzliche Gericht hat dem Kindesvater Prozesskostenhilfe nicht gewährt. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Beklagte seine (zumindest teilweise) Erwerbsunfähigkeit selbst herbeigeführt bzw. über eine längere Zeit aufrechterhalten habe.
Gegenüber seinem minderjährigen Sohn treffe ihn eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er habe alles zu unternehmen, um seine Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu steigern bzw. vollständig wieder herzustellen. Dies habe er in vorwerfbarer Weise unterlassen.
Aus dem von dem Beklagten zur Akte gereichten ärztlichen Attest vom 3.6.2008 ergebe sich als aktuelle Diagnose der Arbeitsfähigkeit eine "depressive Episode". Dieser Zustand existiere bereits seit mehr als 1 1/2 Jahren. Dies ergebe sich aus einem Schreiben, das der Beklagte selbst zur Akte gereicht habe. So werde dort u.a. auch ausgeführt, dass der medizinische Dienst der Krankenversicherung in seinem Gutachten vom 3.1.2007 festgestellt habe, dass die Erwerbstätigkeit erheblich gefährdet sei. Demzufolge wurde dem Beklagten die Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme über den zuständigen Rentenversicherungsträger vorgeschlagen. Diese Maßnahme habe dazu dienen sollen, die Erwerbsfähigkeit zu bessern und/oder wieder herzustellen bzw. eine Verschlechterung abzuwenden. Weiter sei ausgeführt worden, dass aufgrund der Dauerschwere der Erkrankung eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme dringend erforderlich sei. Der Beklagte sei seinerzeit dazu aufgefordert worden, den erforderlichen Antrag hierzu bis spätestens 4.5.2007 zu stellen.
Dem Beklagten sei vorzuwerfen, dass er seine Erkrankung nicht ernst genommen und jedenfalls nicht sachgemäß habe behandeln lassen. Seit Anfang 2007 sei geraume Zeit vergangen, ohne dass er sich auch nur ansatzweise darum bemüht habe, seine Erkrankung in den Griff zu bekommen. Jedenfalls sei hierzu Konkretes nicht vorgetragen worden. Insbesondere sei ihm vorzuwerfen, dass er eine eingeleitete Rehabilitationsmaßnahme abgebrochen habe.
Grundsätzlich gelte, dass der Unterhaltsverpflichtete bei Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung seine Arbeitsstelle nicht einfach aufgeben dürfe. Soweit die Arbeitsstelle durch den Arbeitgeber gekündigt werde, habe er diese Kündigung nicht ohne weiteres hinzunehmen. Es sei ihm zuzumuten, nahe liegende rechtliche Möglichkeiten gegen den Verlust des Arbeitsplatzes auszuschöpfen.
Auch seien psychische Beeinträchtigungen ohne bewiesenen Krankheitswert kein hinreichender Grund für eine Arbeitsaufgabe. Auch hier hätte es näheren Vortrages bedurft, der nicht erfolgt sei.
Jedenfalls sei zu fordern, dass eine zumutbare medizinische Behandlung zur Wiederherstellung der Arbeitskraft durchgeführt werde. Wer es bei hinreichender oder leichtfertig verdrängter Krankheitseinsicht unterlasse, durch geeignete und zumutbare Maßnahmen seine Arbeitskraft wiederherzustellen, müsse sich das für diesen Fall erzielbare Einkommen fiktiv anrechnen lassen, weil seine Erwerbsunfähigkeit leichtfertig aufrechterhalten worden sei (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl.; Rz. 741 ff.).
Letztendlich war der Beklagte nach Auffassung des OLG für seine mangelnde Leistungsfähigkeit darlegungsfällig geblieben. Dies habe zur Folge, dass ihm zur Rechtsverteidigung gegen die Klage auf Kindesunterhalt zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert worden sei.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 05.08.2008, 4 WF 90/08