Leitsatz

Der Vater einer 16-jährigen Tochter begehrte Abänderung eines Unterhaltstitels mit der Begründung, dass sie derzeit nicht zur Schule gehe, keine Ausbildung absolviere und daher einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne und müsse.

Der hierfür von ihm gestellte Prozesskostenhilfe-Antrag wurde vom AG zurückgewiesen. Nach dortiger Auffassung bestand der Unterhaltsanspruch der minderjährigen Tochter fort.

Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein, die zumindest teilweise erfolgreich war.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde des Vaters für zum Teil begründet. Er könne Abänderung der Urkunde des Jugendamtes vom 22.3.2001 verlangen, da sich die Umstände nach der Beurkundung schwerwiegend verändert hätten und es deshalb unzumutbar sei, den Vater an der Urkunde unverändert festzuhalten. Allerdings beschränke sich die Änderung für den Zeitraum von Februar bis August 2006.

In dem genannten Zeitraum habe sich die Bedürftigkeit der Tochter verändert. Zwar habe sie keine Einkünfte, müsse sich jedoch fiktive Einkünfte zurechnen lassen, weil sie ihre Erwerbsobliegenheit verletzt habe. Auch Minderjährige treffe für die Zeit, in der sie nicht zur Schule gingen und auch eine Ausbildung nicht absolvierten, eine Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (OLG Brandenburg v. 23.8.2004 - 9 WF 157/04, OLGReport Brandenburg 2004, 425 = MDR 2005, 340, 341).

§ 1600 Abs. 2 BGB zeige, dass auch bei Kindern Einkünfte aus Arbeit zumutbar seien (OLG Karlsruhe v. 26.11.1987 - 16 UF 58/87, FamRZ 1988, 758).

Dies gelte zumindest für eine Teilerwerbstätigkeit von 10 Stunden wöchentlich. Für eine Erwerbsobliegenheit eines Minderjährigen, der sich weder in der Schulausbildung befinde noch einer Ausbildung nachgehe, spreche die Beistandspflicht gem. § 1618a BGB. Schutzbedürftige Belange des Minderjährigen ständen einer Erwerbsobliegenheit nicht entgegen. Im Gegenteil dürfe es für die Entwicklung der 16-jährigen Tochter förderlich sein, wenn sie zu ihrem eigenen Lebensunterhalt beitrage.

Ihre Erwerbsobliegenheit habe die Tochter verletzt. Das OLG ging davon aus, dass angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern nur 4,00 EUR pro Stunde für Minderjährige erzielbar seien, womit sich ein Monatseinkommen i.H.v. 160,00 EUR errechne. Hiervon seien pauschal 5 % in Abzug zu bringen, womit sich ein Betrag von 152,00 EUR errechne, den auch das AG seinen Überlegungen zugrunde gelegt habe.

Das fiktive Einkommen der Tochter sei hälftig auf den Barunterhalt und hälftig auf den Betreuungsunterhalt anzurechnen.

Der Abänderungsanspruch des Vaters sei allerdings mit dem Schulbesuch der Tochter erloschen. Von einem Schüler sei die Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht zu erwarten.

 

Link zur Entscheidung

OLG Rostock, Beschluss vom 18.10.2006, 10 WF 103/06

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