10.1 Allgemeines
Rz. 123
§ 535 Abs. 1 Satz 2 enthält die bisherige Regelung des § 536. Die Vorschrift normiert die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Vermieters für die Mietsache. Das Mietobjekt ist in einem vertragsgemäßen Zustand zu halten. Die Pflicht besteht unabhängig davon, ob der Mieter die Sache tatsächlich nutzt und ihn ein Mangel daher subjektiv beeinträchtigt (BGH, Urteil v. 22.8.2018, VIII ZR 99/17, WuM 2018, 641). Schließt der Mieter in Kenntnis der gesundheitsgefährdenden Beschaffenheit der Mietsache ab, ohne mit dem Vermieter eine ausdrückliche Vereinbarung über die Sollbeschaffenheit zu treffen, ist der Mieter selbst im Falle vorbehaltsloser Ingebrauchnahme der an ihn vermieteten Räume berechtigt, den Vermieter auf Beseitigung des gesundheitsgefährdenden Zustands der Mietsache in Anspruch zu nehmen (LG Berlin, Urteil v. 12.5.2022, 67 S 30/22, GE 2022, 693).
Maßgebend für den vertragsgemäßen Zustand ist derjenige bei Vertragsabschluss, wenn keine abweichenden Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen worden sind (LG Berlin, Urteil v. 7.9.2016, 65 S 315/15, WuM 2017, 14; LG Stuttgart, Urteil v. 1.7.2015, 13 S 154/14, NJW-RR 2015, 1494; BGH, Beschluss v. 17.8.2011, VIII ZR 96/11, WuM 2011, 618). Die. Begrifflichkeit "kernsaniert" ändert nichts daran, dass nur derjenige Zustand geschuldet ist, der bei Anmietung nach einer Wohnungsbesichtigung tatsächlich bestand (LG Hanau, Beschluss v. 18.9.2020, 2 S 84/20, GE 2021, 886). Eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung über die Wohnungsausstattung setzt voraus, dass beide Parteien erkennbar einen bestimmten Zustand als geschuldet vertraglich vereinbart haben (BGH, Urteil v. 24.11.2021, VIII ZR 258/19, GE 2022, 93); wird eine Wohnung mit einer Gasetagenheizung vermietet, kann nach allgemeiner Verkehrsanschauung der Mieter davon ausgehen, das dies der vertragsgemäße Zustand ist (BGH, Beschluss v. 19.7.2022, VIII ZR 194/21, GE 2022, 950). Ist eine Wohnung mit einer sichtbaren Telefonanschlussdose ausgestattet, umfasst der zumindest im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu ermittelnde vertragsgemäße Zustand einen (auch funktionsfähigen) Telefonanschluss. Sind in der gemieteten Wohnung Anschlussdosen für Kabel und Telefon vorhanden, aber funktionslos, hat der Vermieter einen funktionsfähigen Kabel- und Telefonanschluss herzustellen (LG Berlin, Urteil v. 1.7.2020, 65 S 19/20, GE 2020, 1118). Bei einem späteren Defekt des Anschlusskabels des mitvermieteten Telefonanschlusses trifft den Vermieter die Pflicht zur Reparatur (BGH, Urteil v. 5. 12.2018, VIII ZR 17/18, GE 2019, 53).
Der Vermieter hat grundsätzlich dafür einzustehen, dass die vermieteten Räume über einen tauglichen Stromanschluss an das allgemeine Versorgungsnetz verfügen; besteht ein solcher Anschluss nicht und kommt der Energielieferant seiner Versorgungspflicht gegenüber den Mietern nicht nach, hat der Vermieter aufgrund seiner mietvertraglichen Garantiehaftung dafür einzustehen, dass die Versorgung mit Strom gewährleistet ist (OLG Bremen, Urteil v. 18. 2.2016, 3 U 41/12, ZMR 2017, 160).
Die Pflicht bezieht sich nicht nur auf die eigentlich gemieteten Räume, sondern auch auf die Teile, die im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs benutzt werden können (z. B. Zugänge, Gemeinschaftseinrichtungen = BGH, Urteil v. 19.10.1966, VIII ZR 93/64, BB 1966, 1286). Die Pflicht des Vermieters bezieht sich nicht auf die vom Mieter vorgenommenen Einbauten und auch nicht auf die Sachen, die der Mieter vom Vormieter vereinbarungsgemäß übernommen hat. Hat allerdings der Vormieter Sachen in der Wohnung belassen und der Mieter die Räume in diesem Zustand gemietet, gelten die Sachen als mitvermietet und werden von der Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht des Vermieters erfasst, selbst wenn es sich nicht um Sachen des Vermieters handelt. Es ist deswegen bei Mietvertragsschluss wichtig, klar und genau festzuhalten, welche Gegenstände vermietet werden, welche Gegenstände der Mieter vom Vormieter vertraglich übernommen hat und ggf. bezüglich welcher Gegenstände des Vermieters die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auf den Mieter übertragen werden soll. Eine Formularklausel, "Einrichtungen, die sich in der vermieteten Wohnung befinden, die aber nicht vom Vermieter erstellt wurden, insbesondere von einem Vormieter zurückgelassen wurden, gelten als nicht mitvermietet", ist nicht eindeutig, da sie auch Gegenstände erfassen kann, die hinsichtlich der Instandhaltungspflicht nicht zugeordnet werden können. Ferner bezieht sich diese Klausel nicht ausdrücklich auch auf bewegliche Sachen, denn das Wort "Einrichtung" bezieht sich auf § 539 Abs. 2 und erfasst Sachen, die mit dem Mietobjekt körperlich verbunden werden und dazu bestimmt sind, dem Zweck der Mietsache zu dienen (BGH, Urteil v. 13.5.1987, VIII ZR 136/86, BGHZ 101, 37 [41]; z. B. Heizungsanlage, Lichtanlagen, Badeinrichtungen). Ein nicht verklebter Teppichfußboden wäre von diesem Begriff nicht erfasst. Angezeigt ist daher eine Klausel, die Einrichtungen und Gegenstän...