Rz. 115
Während die Bestimmungen der §§ 307–309 auf formularmäßig vereinbarte Wohnraummietverhältnisse vollständig anzuwenden sind, gilt dies im Geschäftsraummietverhältnis nur eingeschränkt, weil § 310 Abs. 1 Satz 1 die Klauselverbote der §§ 308, 309 nur mittelbar im Rahmen der Generalklausel der §§ 307 Abs. 1 und 2 für anwendbar erklärt. Die Voraussetzungen für die Annahme allgemeiner Geschäftsbedingungen nach § 305 Abs. 1 liegen auch vor, wenn das Vertragsformular nicht selbst hergestellt ist, sondern von einem Dritten – allerdings auftragsgemäß – vorformulierte Bedingungen enthält (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 305 Rn. 11; BGH, Urteil v. 13.9.2001, VII ZR 487/99, NJW-RR 2002, 13 (auch zur Frage, wie Standardformulierungen eines Notars zu werten sind). Für die erforderliche Mehrfachverwendung liegt die untere Grenze bei drei Verwendungen (BGH, Urteil v. 15.4.1998, VIII ZR 377/96, NJW 1998, 2286, 2287). Auf welche Weise die Vorformulierung erfolgt, ob die Abwälzung gedruckt, fotokopiert, mit Maschine oder handgeschrieben, sonst vervielfältigt, als Textbausteine oder auswendig gelernt und im Gedächtnis ("im Kopf des Verwenders", vgl. BGH, Urteil v. 13.5.2014, IX ZR 170/13, NJW-RR 2014, 1133) des Verwenders oder seiner Abschlussgehilfen gespeichert wird, ist gleichgültig. Gleichgültig ist auch, ob die Vorformulierung im Voraus in einer Vielzahl von Exemplaren zur unmittelbaren Einbeziehung in den Vertrag vorgenommen oder ob die Formulierung einmal festgehalten wird, um bei jedem Vertragsabschluss wiederholt zu werden (OLG Nürnberg, Urteil v. 4.4.2017, 14 U 612/15, juris). Dasselbe gilt für unterschriebene Erklärungen gleichen Inhalts und maschinenschriftlich eingefügte Bestimmungen (LG Berlin, Urteil v. 14.3.2017, 63 S 263/16, GE 2017, 477). Einer formularmäßigen Bestätigungsklausel mit dem Inhalt, die Vertragsbedingungen seien im Einzelnen ausgehandelt, kommt keine Beweiskraft zu.
Da sowohl die Vermietung als auch die Anmietung von Geschäftsräumen durch Vermieter und Mieter in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit erfolgen wird, sind beide als Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 anzusehen, sodass nach § 310 Abs. 1 Satz 2 die Prüfung der Wirksamkeit der Vertragsklausel auf die "Generalklausel" des § 307 beschränkt ist.
Anglo-amerikanischer Abkürzungen
Bei der ungefilterten Übernahme anglo-amerikanischer Abkürzungen und Bezeichnungen, die nirgendwo halt macht (Palandt/Grüneberg, a. a. O., v. § 311 Rn. 9), spricht man von "B2C", "B2B" oder "C2C"-Verträgen ("business to consumer" usw.).
Als Unternehmer ist im Gegensatz zum Verbraucher entsprechend dem Verständnis des EU-Rechts jede natürliche oder juristische Person zu verstehen, die am Wirtschaftsmarkt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Deshalb sind Unternehmer in diesem Sinne auch sämtliche Freiberufler, Handwerker, Landwirte und Kleingewerbetreibende, wobei es auf die Eintragung im Handelsregister nicht ankommt, eine Gewinnerzielungsabsicht nicht unbedingt erforderlich und auch die nur nebenberufliche Tätigkeit ausreichend ist. Auch gesetzliche Vermögensverwalter wie Insolvenz-, Zwangs- und Nachlassverwalter sowie Testamentsvollstrecker sind als Unternehmer anzusehen, wenn Gegenstand ihrer Verwaltungstätigkeit ein Unternehmen ist. Da neben den klassischen Personengesellschaften wie OHG und KG auch die GbR als teilrechtsfähig angesehen wird, kann auch sie als Unternehmerin in Betracht kommen. Zur Erzielung einer zutreffenden Inhaltskontrolle kann allerdings auch hier auf die Klauselverbote der §§ 308, 309 zurückgegriffen werden. Es ist also zu prüfen, ob im konkreten Fall durch die Verwendung bestimmter Klauseln entgegen den Geboten von Treu und Glauben eine unangemessene Benachteiligung des Mieters eintritt oder – entsprechend den Formulierungen des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/133 EWG v. 5.4.1993, die zur Kontrolle des Ergebnisses herangezogen werden kann – ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten der Mietvertragsparteien verursacht wird. Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne beider Regelungen wäre dann anzunehmen, wenn der Verwender der Klauseln bei der Vertragsgestaltung von vornherein keine hinreichende Rücksicht auf berechtigte Belange des Vertragspartners nimmt, sondern einseitig seine eigenen Interessen durchzusetzen versucht (ständige Rspr., z. B. BGH, Urteil v. 3.11.1999, VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110, 1112 m.w.N). Zur Abgrenzung ist Abs. 2 des § 307 heranzuziehen. Danach ist im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. Abs. 1 anzunehmen, wenn entweder von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abgewichen oder die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wird. Ziffer 1 des Abs. 2 stellt auf das dispositiv Gesetzesrecht ab, Ziffer 2 dagegen auf die Natur des Vertrages und den Vertragszweck. Ist eines dieser Regelbeispiele erfüllt, ist grundsätzlich – und zwar ohne weiteres – von der Unwirksamkeit der entsprechenden Vertragsklausel ...