1.1 Kündigungsgründe
Rz. 1
In § 543 wird das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund zusammengefasst. Normiert worden ist nunmehr ausdrücklich ein allgemeines und unabdingbares Recht beider Vertragsparteien zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde, das bislang aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (§§ 242, 626) hergeleitet wurde.
§ 543 Abs. 1 Satz 1 regelt das Kündigungsrecht an sich, während Satz 2 die Voraussetzungen festlegt.
§ 543 Abs. 2 zählt die wichtigsten Gründe für eine fristlose Kündigung auf:
Nummer 1 regelt die Kündigung durch den Mieter bei nicht rechtzeitig erfolgter Gewährung oder späterer Wiederentziehung des vertragsmäßigen Gebrauchs der Mietsache, und zwar sowohl vollständig als auch teilweise.
Nummer 2 bestimmt die Voraussetzungen für die Kündigung bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache.
Nummer 3 normiert die Voraussetzungen der Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Die Heilung der Kündigung wegen Zahlungsverzugs durch nachträgliche Zahlung des Rückstandes ist in § 569 Abs. 3 geregelt.
§ 543 Abs. 3 legt in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung fest, dass eine fristlose Kündigung grundsätzlich erst nach Abmahnung mit Fristsetzung gerechtfertigt ist – dies gilt nicht bei Zahlungsverzug des Mieters.
§ 543 Abs. 4 Satz 1 erklärt für die Kündigung des Mieters wegen nicht rechtzeitiger Gewährung des Gebrauchs der Mietsache oder deren nachträglichen Entzug die §§ 536b, 536d für entsprechend anwendbar. § 543 Abs. 4 Satz 2 enthält eine Beweislastregel für die rechtzeitige Gewährung des Gebrauchs oder die rechtzeitige Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist.
Von einer gesetzlichen Regelung, innerhalb welcher Frist seit Kenntnis des Kündigungsgrundes die Kündigung zu erfolgen hat, ist abgesehen worden; insoweit verbleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung, dass die Kündigung grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes zu erfolgen hat.
Unwirksamer Kündigungsausschluss
Das Recht zur fristlosen Kündigung aus § 543 Abs. 1 kann vertraglich nicht abbedungen werden (OLG Rostock, Urteil v. 9.7.2020, 3 U 78/19, GE 2020 S. 1116).
1.2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Die fristlose Kündigung ist sowohl bei einem Mietverhältnis als auch bei einem Pachtverhältnis zulässig, nicht dagegen bei einem Leihverhältnis (BGH, Urteil v. 9.10.1991, XII ZR 122/90, NJW 1992, 496). Die Kündigung ist sowohl bei der Vermietung von beweglichen als auch von unbeweglichen Sachen, bei Wohn- und Gewerberaummietverhältnissen zulässig. Das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 543 steht selbständig neben dem Kündigungsrecht aus § 573. Der Vermieter kann jedoch nicht mehr gemäß § 323 Abs. 1 wegen Verzugs des Mieters mit einer Hauptpflicht zurücktreten, wenn er die Mietsache bereits dem Mieter überlassen hat; liegen insoweit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 543 vor, kann der Vermieter vielmehr nach Überlassung der Mietsache nur noch nach diesen Vorschriften kündigen (BGH, Urteil v. 10.7.1968, VIII ZR 120/66, BGHZ 50, 312 [315]). Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigen Grund ist schon vor Übergabe der Mieträume möglich (BGH, Urteil v. 10.10.2001, XII ZR 93/99, NZM 2001, 1077; KG, Urteil v. 12.9.2013, 8 U 4/13, NZM 2014, 199; AG Berlin-Lichtenberg, Urteil v. 24.10.2017, 18 C 261/17, GE 2018, 265).
1.3 Kündigungserklärung
Rz. 2a
Das Wort "Kündigung" muss in der Kündigungserklärung nicht ausdrücklich enthalten sein; es reicht aus, dass der Wille zur einseitigen Vertragsbeendigung hinreichend klar zum Ausdruck kommt. Ein Mietverhältnis, an dem auf Vermieter- oder Mieterseite mehrere Personen beteiligt sind, kann wirksam nur von und gegenüber allen Vertragspartnern gekündigt werden (LG Berlin, Urteil v. 4.7.2016, 67 S 33/16, GE 2017, 231; LG Wuppertal, Urteil v. 10.12.2015, 9 S 128/15, ZMR 2016, 455; AG Ludwigsburg, Urteil v. 8.12.2022, 1 C 843/22, WuM 2023, 156).
Sowohl der Vermieter als auch der Mieter müssen bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses die Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben angeben (§ 569 Abs. 4). Bei der Kündigung des Gewerberaummietvertrages sind für den Vermieter bei der Abwägung im Rahmen von § 543 BGB jedoch auch die nicht die im Kündigungsschreiben angeführten Gründe zu berücksichtigen (LG München I, Urteil v. 19.1.2021, 31 O 17389/19, ZMR 2021, 321).
Der Kündigungsempfänger muss die Berechtigung der außerordentlichen fristlosen Kündigung und die Erfolgsaussichten einer Rechtsverteidigung gegen die Kündigung abschätzen können. Der kündigende Vertragsteil muss den zur Kündigung führenden Grund nach Gegenstand, Zeit und Ort so konkret bezeichnen, dass er von möglichen anderen Kündigungsgründen unterschieden werden kann.