Rz. 15
Der Mieter kann den Mietvertrag fristlos kündigen, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird (§ 543 Abs. 2 Nr. 1).
Der Vermieter kann den Mietvertrag ferner kündigen, wenn
- der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt (§ 543 Abs. 2 Nr. 2) oder
der Mieter
- für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 3a) oder
- in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Nr. 3b).
Dabei handelt es sich um Beispielsfälle, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergibt. Daher können auch ähnliche Fälle einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.
3.1 Fristlose Kündigung wegen Nichtgewährung oder Entzugs des Gebrauchs
Rz. 16
Der Mieter kann das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn der Vermieter ihm den vertragsmäßigen Gebrauch der gemieteten Sache nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen hat, die Gebrauchsbeeinträchtigung erheblich ist und der Vermieter trotz Fristsetzung seitens des Mieters keine Abhilfe geschaffen hat.
3.1.1 Anwendungsbereich
Rz. 17
Das Kündigungsrecht besteht für alle Arten von Miet- und Pachtverhältnissen (§ 581 Abs. 2, § 594e Abs. 1), gleichgültig ob sie auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sind. Daher kann auch ein befristetes Mietverhältnis vom Mieter wegen nicht rechtzeitiger oder deren Entzugs fristlos gekündigt werden (LG Berlin, Urteil v. 27.4.1999, 64 S 440/98).
3.1.2 Rechte des Mieters vor Gebrauchsüberlassung
Rz. 18
Da auch die nicht rechtzeitige Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs zur Kündigung berechtigt, besteht das Kündigungsrecht auch schon vor Überlassung der Mietsache (BGH, Urteil v. 10.10.2001, XII ZR 93/99, NZM 2001, 1077; OLG Köln, Urteil v. 18.12.1996, 27 U 17/96, ZMR 1997, 230). Darüber hinaus kann der Mieter bereits vor Überlassung der Mietsache fristlos kündigen, wenn ihm die Mietsache mit einem Fehler behaftet angeboten wird (BGH, Urteil v. 4.5 2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152; OLG Köln, Urteil v. 18.12.1996, 27 U 17/96, ZMR 1997, 230) oder bereits zu diesem Zeitpunkt feststeht, dass die Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder vom Vermieter endgültig verweigert wird. Dagegen reicht die bloße Ungewissheit, ob der Vermieter rechtzeitig den Gebrauch gewähren kann, nicht aus (BGH, Urteil v. 30.6.1959, VIII ZR 128/58, ZMR 1960, 10; LG Hamburg, Urteil v. 30.11.1973, 11 O 162/72, MDR 1974, 583). In diesem Zusammenhang sind Regelungen in Mietverträgen, wonach das Mietverhältnis bzw. die Mietzinszahlungspflicht des Mieters mit der "Fertigstellung" des Mietobjekts beginnt, von Bedeutung, wenn sie nicht ohnehin nach § 307 unwirksam sind. Es fragt sich nämlich, wie der Begriff der "Fertigstellung" auszulegen ist. Während das OLG Düsseldorf (Urteil v. 12.1.1995, 10 U 36/94, OLGReport Düsseldorf 1995 S. 167) für den Fall der Vereinbarung der "Bezugsfertigkeit" von dem Begriff der Abnahmefähigkeit nach § 640 Abs. 1 BGB bzw. § 12 Abs. 1 VOB/B ausgeht, wonach lediglich unwesentliche Mängel oder noch auszuführende geringfügige Arbeiten der Abnahmeverpflichtung nicht entgegenstehen, soll dies nach einer Entscheidung des KG v. 22.11.2004, 8 U 109/04, (GE 2005, 181) für die Vereinbarung einer "Fertigstellung" nicht gelten. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Liegen in einem solchen Fall zahlreiche, wenn auch geringfügige Mängel vor, kann dem Mieter nicht zugemutet werden, eine – unfertige – Mietsache zu übernehmen, wodurch das dem Vermieter obliegende Fertigstellungsrisiko auf ihn verlagert werden würde. Auch der Hinweis auf den dem Mieter verbleibenden Erfüllungsanspruch oder die Möglichkeit der Minderung nach § 536 Abs. 1 Satz 1 kann die fehlende Fertigstellung schon deshalb nicht ausgleichen, weil nunmehr der Mieter die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Mängel trägt (vgl. hierzu auch BGH, Urteil v. 21.3.2007, XII ZR 255/04, GE 2007, 710).
Besteht dagegen objektiv ernstlich die Gefahr, dass die Mietsache nicht rechtzeitig fertiggestellt wird, kann der Mieter nach Abmahnung oder Fristsetzung fristlos kündigen (BGH, Urteil v. 17.12.1986, VIII ZR 328/85, ZMR 1987, 143). Beweispflichtig für den vertragsgemäßen Zustand ist der Vermieter, so z. B. auch dafür, dass keine weiteren Aus- oder Umbauarbeiten von ihm geschuldet sind.
Rz. 19
Darüber hinaus kann der Mieter bei Unmöglichkeit vor Überlassung wählen, ob er stattdessen von seinem Rücktrittsrecht (§ 326 Abs. 5) Gebrauch macht. Voraussetzung für das Rücktrittsrecht ist, dass die Leistung für den Vermieter oder für jedermann unmöglich ist. Das gilt sowohl für das subjektive Unvermögen des Vermieters als auch für die objektive Unmöglichkeit.
Rz. 20
Hatte der Vermieter z. B. eine Wohnung vermietet, die vor Gebrauchsüberlassung umfassend modernisiert werden...