Rz. 18
Da auch die nicht rechtzeitige Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs zur Kündigung berechtigt, besteht das Kündigungsrecht auch schon vor Überlassung der Mietsache (BGH, Urteil v. 10.10.2001, XII ZR 93/99, NZM 2001, 1077; OLG Köln, Urteil v. 18.12.1996, 27 U 17/96, ZMR 1997, 230). Darüber hinaus kann der Mieter bereits vor Überlassung der Mietsache fristlos kündigen, wenn ihm die Mietsache mit einem Fehler behaftet angeboten wird (BGH, Urteil v. 4.5 2005, XII ZR 254/01, NJW 2005, 2152; OLG Köln, Urteil v. 18.12.1996, 27 U 17/96, ZMR 1997, 230) oder bereits zu diesem Zeitpunkt feststeht, dass die Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder vom Vermieter endgültig verweigert wird. Dagegen reicht die bloße Ungewissheit, ob der Vermieter rechtzeitig den Gebrauch gewähren kann, nicht aus (BGH, Urteil v. 30.6.1959, VIII ZR 128/58, ZMR 1960, 10; LG Hamburg, Urteil v. 30.11.1973, 11 O 162/72, MDR 1974, 583). In diesem Zusammenhang sind Regelungen in Mietverträgen, wonach das Mietverhältnis bzw. die Mietzinszahlungspflicht des Mieters mit der "Fertigstellung" des Mietobjekts beginnt, von Bedeutung, wenn sie nicht ohnehin nach § 307 unwirksam sind. Es fragt sich nämlich, wie der Begriff der "Fertigstellung" auszulegen ist. Während das OLG Düsseldorf (Urteil v. 12.1.1995, 10 U 36/94, OLGReport Düsseldorf 1995 S. 167) für den Fall der Vereinbarung der "Bezugsfertigkeit" von dem Begriff der Abnahmefähigkeit nach § 640 Abs. 1 BGB bzw. § 12 Abs. 1 VOB/B ausgeht, wonach lediglich unwesentliche Mängel oder noch auszuführende geringfügige Arbeiten der Abnahmeverpflichtung nicht entgegenstehen, soll dies nach einer Entscheidung des KG v. 22.11.2004, 8 U 109/04, (GE 2005, 181) für die Vereinbarung einer "Fertigstellung" nicht gelten. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Liegen in einem solchen Fall zahlreiche, wenn auch geringfügige Mängel vor, kann dem Mieter nicht zugemutet werden, eine – unfertige – Mietsache zu übernehmen, wodurch das dem Vermieter obliegende Fertigstellungsrisiko auf ihn verlagert werden würde. Auch der Hinweis auf den dem Mieter verbleibenden Erfüllungsanspruch oder die Möglichkeit der Minderung nach § 536 Abs. 1 Satz 1 kann die fehlende Fertigstellung schon deshalb nicht ausgleichen, weil nunmehr der Mieter die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Mängel trägt (vgl. hierzu auch BGH, Urteil v. 21.3.2007, XII ZR 255/04, GE 2007, 710).
Besteht dagegen objektiv ernstlich die Gefahr, dass die Mietsache nicht rechtzeitig fertiggestellt wird, kann der Mieter nach Abmahnung oder Fristsetzung fristlos kündigen (BGH, Urteil v. 17.12.1986, VIII ZR 328/85, ZMR 1987, 143). Beweispflichtig für den vertragsgemäßen Zustand ist der Vermieter, so z. B. auch dafür, dass keine weiteren Aus- oder Umbauarbeiten von ihm geschuldet sind.
Rz. 19
Darüber hinaus kann der Mieter bei Unmöglichkeit vor Überlassung wählen, ob er stattdessen von seinem Rücktrittsrecht (§ 326 Abs. 5) Gebrauch macht. Voraussetzung für das Rücktrittsrecht ist, dass die Leistung für den Vermieter oder für jedermann unmöglich ist. Das gilt sowohl für das subjektive Unvermögen des Vermieters als auch für die objektive Unmöglichkeit.
Rz. 20
Hatte der Vermieter z. B. eine Wohnung vermietet, die vor Gebrauchsüberlassung umfassend modernisiert werden sollte, werden diese Arbeiten aber nicht rechtzeitig fertig, so kann der Mieter vom Vertrag zurücktreten. Ist dagegen eine noch zu erstellende Wohnung vermietet und vereinbart worden, dass die Wohnung frühestens einen Monat nach Fertigstellung überlassen wird, ohne dass ein bestimmter Fertigstellungszeitpunkt vereinbart worden ist, so kommt es darauf an, ob sich aus den sonstigen – bei Vertragsabschluss vorliegenden – Umständen ergibt, wann mit der Fertigstellung der Wohnung zu rechnen war. Formularklauseln, die den Beginn des Mietverhältnisses von der Fertigstellung abhängig machen, sind gemäß § 307 unwirksam, sodass die Gebrauchsüberlassungspflicht grundsätzlich unmittelbar nach Abschluss des Mietvertrags fällig wird (§ 271 Abs. 1). Auch für die Ausübung des Kündigungsrechts bedarf es der Bestimmung einer Frist nicht, wenn eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2). Ein Interessenwegfall kann z. B. dann angenommen werden, wenn die Fertigstellung der Wohnung voraussichtlich noch übermäßig lange dauern wird oder wenn der Vermieter sich von vornherein weigert, auf eine zügige Fertigstellung der Wohnung zu drängen. Bei der Auslegung einer vertraglichen Bestimmung über den Mietzeitbeginn für ein noch zu erstellendes Gewerbeobjekt ("Bezugsfertigkeit") ist maßgeblich auf die Interessenlage beider Parteien abzustellen (BGH, Urteil v. 26.11.1997, XII ZR 308/95, NZM 1998, 156).
Rz. 21
Nach Überlassung der Wohnung gelten dagegen die §§ 536ff. die durch Sonderkündigungsrecht gemäß § 543 nicht berührt werden, selbst wenn die Mietsache für den v...