Rz. 31
Die Kündigung ist einmal ausgeschlossen, wenn der Mieter bei Abschluss des Vertrags den Mangel positiv kannte oder ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Die Kündigung ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Mieter in Kenntnis des anfänglichen Mangels, der zu einer vollständigen oder teilweisen Entziehung des Gebrauchs der Mietsache geführt hat, längere Zeit die Miete in voller Höhe zahlt, ohne den Mangel anzuzeigen oder sich die Rechte wegen dieses Mangels vorzubehalten (BGH, Urteil v. 31.5.2000, XII ZR 41/98, GE 2000, 215). Denn auf das dem Mieter nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht findet § 536b entsprechend Anwendung (§ 543 Abs. 4 Satz 1). Das Kündigungsrecht ist jedoch bei nach Vertragsschluss aufgetretenen Mängeln nicht automatisch dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter die Miete ohne jeden Vorbehalt in voller Höhe zahlt. Denn § 536b ist ab dem 1.9.2001 nicht mehr auf nachträglich aufgetretene Mängel anzuwenden (BGH, Urteil v. 16.7.2003, VIII ZR 274/02, GE 2003, 1145).
Das Kündigungsrecht wegen nachträglich aufgetretener Mängel kann aber verwirken. Das kann der Fall sein, wenn der Mieter in Kenntnis des nachträglich aufgetretenen Mangels die Mietsache ein Jahr (Zeitmoment) vorbehaltlos angenommen hat, wodurch bei dem Vermieter das Vertrauen darauf begründet wurde, dass er wegen dieses Mangels nicht mehr kündigt und der Vermieter sich darauf eingerichtet hat (Umstandsmoment). Der Mieter kann aber wegen des gehäuften Auftretens von Heizungsmängeln auch noch im vierten Winter gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 kündigen, wenn die Heizung bereits während der vorausgegangenen drei kalten Jahreszeiten wiederholt ausgefallen ist, die jeweiligen Störungen jedoch vom Vermieter unmittelbar behoben wurden und der Mieter daher die Miete drei Jahre lang ungekürzt gezahlt hat (OLG Dresden, Urteil v. 18.6.2002, 5 U 260/02). Zudem kann das Kündigungsrecht wieder aufleben, wenn sich ein zunächst hingenommener Mangel in unzumutbarer Weise verschlechtert (KG, Urteil v. 2.4.2001, 8 U 5710/00, NZM 2002, 69 = GE 2001, 989; LG Berlin, Urteil v. 1.12.2000, 63 S 99/00, GE 2001, 421) oder wenn ein zunächst beseitigter Mangel erneut aufgetreten ist (LG Berlin, Urteil v. 27.4.1999, 64 S 440/98).
Rz. 32
Voraussetzung des Kündigungsausschlusses ist einmal die positive Kenntnis vom Mangel.
Arglistiges Verschweigen
Grob fahrlässige Unkenntnis schadet nicht, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 110).
Die positive Kenntnis von späterem Flug- oder Schienenverkehrslärm kann nicht schon dann angenommen werden, wenn der Mieter eine Wohnung in der Nähe eines stillgelegten Flugplatzes oder einer nur eingleisigen Bahnnebenstrecke mietet, ohne dass Anhaltspunkte für eine Wiedereröffnung des Flughafens oder des Ausbaus der Bahnstrecke bestehen. Ist bei Abschluss des Vertrags ein behördliches Genehmigungsverfahren anhängig und wird später die Genehmigung für die Wiedereröffnung des Flughafens oder den Ausbau der Bahnstrecke erteilt, so kommt es darauf an, ob der Mieter mit der Erteilung der Genehmigung rechnete oder rechnen musste. Positive Kenntnis ist aber dann anzunehmen, wenn der Mieter die tatsächlichen Umstände kannte, aus denen sich die späteren Beeinträchtigungen ergaben (OLG München, Urteil v. 26.3.1993, 21 U 6002/92, WuM 1993, 607 m. w. N.).
Wird der Mietvertrag vor Fertigstellung des im Bau befindlichen Hauses abgeschlossen wird, kann der Mieter mangels abweichender Vereinbarung davon ausgehen, dass die vermietete Sache bis zum Vertragsbeginn fertiggestellt und etwaige bei Vertragsschluss noch vorhandene Mängel bis zum Mietvertragsbeginn beseitigt werden (OLG Hamburg, Urteil v. 26.4.1995, 4 U 137/94, GE 1996, 49; LG Mannheim, Urteil v. 15.11.1973, 11 S 79/73, WuM 1974, 52 f.). Wird die Wohnung dann nicht rechtzeitig fertig, zieht der Mieter aber dennoch ein und zahlt die Miete trotz verschiedener Mängel, die einer nicht rechtzeitigen Gebrauchsgewährung oder teilweisen Gebrauchsentziehung gleichstehen, über längere Zeit in voller Höhe vorbehaltlos, so ist er jedoch wiederum mit seinem Kündigungsrecht ausgeschlossen.
Rz. 33
Bei einer Mehrheit von Mietern reicht es aus, wenn einer von ihnen positive Kenntnis von der Gebrauchsentziehung hatte (BGH, Urteil v. 1.12.1971, VIII ZR 88/70, NJW 1972, 249).
Rz. 34-35
(Rn. 34-35 unbesetzt)