Rz. 69
Die fristlose Kündigung ist ferner wegen Zahlungsverzugs des Mieters gerechtfertigt. Einer vorherigen Fristsetzung oder Abmahnung bedarf es bei Wohnraummietverhältnissen nicht (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3), und zwar auch dann nicht, wenn der Vermieter einen sich aufbauenden Mietrückstand nicht sofort zum Anlass für eine fristlose Kündigung nimmt (BGH, Urteil v. 11.3.2009, VIII ZR 115/08, GE 2009, 511; anders noch ohne Beschränkung auf Geschäftsraummietverhältnisse OLG Hamm, Urteil v. 21.1.2009, 30 U 106/08, zitiert nach Juris).
3.3.1 Anwendungsbereich
Rz. 70
Die Möglichkeit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs besteht sowohl für den Vermieter von Grundstücken als auch von beweglichen Sachen. Die Zahlung der Miete ist die Hauptleistungspflicht des Mieters, so dass der Verzug mit der Zahlung der Miete eine Leistungsstörung ist. Da es sich bei einem Mietverhältnis um ein Dauerschuldverhältnis handelt, wären die Folgen des Zahlungsverzugs des Mieters an sich nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. § 281 zu beurteilen, der die Folgen des Verzugs des Schuldners bei einem gegenseitigen Vertrag regelt. Wegen der Bedeutung insbesondere der Kündigung von Wohnraummietverhältnissen regelt jedoch § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 die Verzugsfolgen hinsichtlich der Beendigung des Mietverhältnisses abweichend von § 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. §§ 281, 323 gesondert. § 543 verdrängt daher im Bereich dieses Mietverhältnisses diese Bestimmungen (BGH, Urteil v. 10.7.1968, VIII ZR 120/66, BGHZ 50, 312; BGH, NJW 1957, 57 = LM Nr. 6 zu § 326 [A]; Staudinger/Emmerich, § 543 Rn. 43).
Rz. 71
Da für den Wohnraummieter die Wohnung in aller Regel den Mittelpunkt der Lebensführung bildet und ein Wohnungswechsel für ihn daher stets erhebliche emotionale und finanzielle Belastungen mit sich bringt, denen er nicht ohne Weiteres ausgesetzt werden darf, enthält § 569 Abs. 3 Sonderregelungen für die Kündigung des Wohnraums wegen Verzugs des Mieters mit der Miete. Dennoch werden auch andere Kündigungsbestimmungen angewendet, wenn der Mieter einer Wohnung seine Zahlungspflicht nicht rechtzeitig erfüllt. Daneben besteht das Recht zur ordentlichen Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 (Schmidt-Futterer/Blank, § 543 Rn. 150; Kinne, GE 1987, 1182 [1195]). Bei unverschuldetem Zahlungsrückstand kann die Kündigung auf § 543 Abs. 1 gestützt werden.
3.3.2 Zahlungsverzug
Rz. 72
Die Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, die den Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters zur fristlosen Kündigung berechtigt, sofern der Zahlungsverzug im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie vom 27.3.2020, BGBl I Nr. 14, Seite 569–574; vgl. dazu Rn. 74a), enthält drei Kündigungstatbestände:
Wohnraum
Für Wohnraum ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1). Ist eine Mietzahlung in anderen Zeitabschnitten vereinbart (etwa wochen- oder quartalsweise oder jährlich), ist der Rückstand auf eine Monatsmiete umzurechnen (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 171).
Insolvenz des Mieters
Bei Insolvenz des Mieters sind nur diejenigen Zahlungsrückstände kündigungsbegründend, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sind (§ 112 InsO), nicht die davor entstandenen Rückstände. Dasselbe gilt bei unpünktlichen Mietzahlungen. Eine vor Eröffnung des Verfahrens bereits zugegangene Kündigung wirkt auch gegenüber dem Insolvenzverwalter.
Rz. 73
Der Begriff "Miete" wird in § 543 in zweierlei Zusammenhängen gebraucht. Er bezeichnet zum einen die Verpflichtung, mit deren Erfüllung der Mieter in Verzug geraten muss, und zum anderen in Verbindung mit bestimmten Zeiträumen ("für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils" in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a bzw. "über mehr als zwei Termine … mit der … Miete … für zwei Monate" in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b) die Höhe des für die Kündigung erforderlichen Zahlungsrückstands. "Miete" i. S. dieser Vorschriften ist zunächst die Grundmiete in der geschuldeten Höhe.
Rückstandsberechnung
Für die Rückstandsberechnung kommt es auf die vertraglich vereinbarte und nicht die wirksame Miete auch dann an, wenn eine Mietpreisvereinbarung gegen § 556d (Mietpreisbremse verstößt oder gemäß § 5 WiStG, § 291 StGB, § 134 unwirksam ist (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 175 m. w. N.).
Bei Mieterhöhungen etwa gemäß § 558 (auf die ortsübliche Vergleichsmiete), § 559 (nach einer M...