Klaus Schach, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 2
Nach § 555a Abs. 1 hat der Mieter Maßnahmen zu dulden, die zur Instandhaltung oder Instandsetzung der Mietsache erforderlich sind. Das sind diejenigen, die darauf abzielen, die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 1) und das Mietobjekt in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten.
Schadenswahrscheinlichkeit
Die Maßnahme muss einerseits nicht besonders dringlich sein; andererseits reicht die bloße theoretische Möglichkeit eines zukünftigen Schadenseintritts nicht aus. Es ist vielmehr von einem objektiven Standpunkt aus zu prüfen, ob ohne die Arbeiten mit großer Wahrscheinlichkeit Schäden an dem Objekt zu befürchten sind oder ob aus anderen sachlich gebotenen Gründen eine bauliche Maßnahme gerechtfertigt erscheint (LG Berlin, Urteil v. 17.7.2015, 63 S 376/14, GE 2015, 1101).
Der Mieter ist zur Duldung von vorbeugenden Erhaltungsarbeiten verpflichtet, wenn die Mietsache defekt zu werden im Begriffe ist (LG Berlin, Urteil v. 14.11.1991, 12 O 337/91, GE 1992, 1099; LG Hamburg, Urteil v. 6.12.1994, 316 S 307/93, WuM 1995, 267) oder wenn der Erhaltungsbedarf zwar nicht akut, aber absehbar ist (LG Berlin, GE 1986, 443, Erneuerung der Entwässerungsrohre in einem rund 50 Jahre alten Haus; etwas differenzierender: LG Berlin, GE 1988, 145, wonach man von der Annahme einer erforderlichen Instandsetzung nur ausgehen könne, "wenn die Mietsache in irgendeiner Weise defekt ist oder zumindest defekt zu werden im Begriffe ist"). Der Mieter braucht jedoch eine Überdachung der zur Wohnung gehörenden Terrasse zum Schutz des Terrassenbodens nicht zu dulden (LG Gießen, Urteil v. 3.4.1996, 1 S 1/96, WuM 1998, 278).
Zu den erforderlichen Maßnahmen zählen neben den reinen Baumaßnahmen auch begleitende Arbeiten, wie z.B. das Aufstellen von Gerüsten an der Außenfront, das zeitweise Entfernen von Fenstergittern oder Treppengeländer, Schlussmaßnahmen und notwendige Besichtigungen vor, nach und während der Bauphase durch den Bauherrn, die Architekten und Handwerker (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 8) sowie die Beseitigung von Bauschadstoffen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 16a).
Zu den duldungspflichtigen Maßnahmen gehören z. B. der Austausch brüchiger Wasser- und Abwasserleitungen (LG Hamburg WuM 1995, 267; s. auch LG Berlin ZMR 1992, 546), sowie von Bleirohren (AG Halle-Saalkreis WuM 1992, 683) oder der Ersatz schadhafter Fenster (AG Neuss NJW-RR 1986, 891) sowie alle Maßnahmen zur Beseitigung normaler Verschleißschäden, wie die Durchführung von Schönheitsreparaturen. Der Austausch von Installationen (Waschbecken, Badewanne) ist vom Mieter zu dulden, wenn sie schadhaft sind oder ihr Ausfall bei sachgerechter Beurteilung zu erwarten ist (LG Hamburg, Urteil v. 6.12.1994, 316 S 307/93, WuM 1995, 267; AG Berlin-Charlottenburg, MM 1993, 111). Den Einbau einer neuen Wohnungstür braucht der Mieter als Instandsetzungsmaßnahme nur dann zu dulden, wenn sie schadhaft ist (LG Köln, Urteil v. 30.4.1992, 1 S 385/91, WuM 1993, 608). Eine gem. § 554a Abs.1 duldungspflichtige Instandsetzung ist auch die Ersetzung einer schadhaften Gemeinschaftsantenne durch eine andere Empfangsanlage bei gleicher Leistung (KG, Rechtsentscheid v. 27.6.1985, GE 1985, 729), oder die Erneuerung des Treppenhauses (KG GE 1984,41). Der Mieter muss die Erhaltungsmaßnahmen auch dulden, soweit sie außerhalb der Mieträume durchgeführt werden, z. B. den Anschluss an die Ortskanalisation (AG Miesbach WuM 1984,198), Korrosionsschutzmaßnahmen am Öltank (AG Regensburg WuM 1995, 319), Beseitigung des Schwammbefalls an der Außenfassade (AG Frankfurt/M. WuM 1992, 12).
Der Vermieter ist nicht zu einer "restaurierenden" Instandsetzung verpflichtet (AG Berlin-Charlottenburg, GE 1991, 255).
Stand der Technik
Der Vermieter hat vielmehr das Recht, auch den jeweils neuesten Stand der Technik einzuhalten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 9a ). Bringt die Instandsetzung notwendigerweise eine Verbesserung mit sich, weil der Markt eine veraltete Technik nicht mehr zulässt, liegt eine der Instandhaltung gleichzusetzende Ersetzung vor, die gem. § 555a zu dulden ist (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 9a ).
Die Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, bedeutet nicht, dass der (Original-)Zustand zu erhalten ist, der bei Mietbeginn bestanden hat (so ist es zulässig, Nachtspeicheröfen gegen eine Gasheizung auszutauschen: AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 26.7.2012, 913 C 21/12, ZMR 2012, 964; anstelle einer erheblich defekten zentralen Warmwasserbereitung Durchlauferhitzer einzubauen: AG Berlin-Charlottenburg, GE 1991, 255; der Einbau einer Wohnungseingangstür mit größerem Einbruchsschutz kann zugleich Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahme sein: LG Berlin, Urteil v. 5.11.2002, 64 S 170/02; LG Berlin, Urteil v. 15.12.2000, 64 S 318/00; AG Berlin-Hohenschönhau...