Klaus Schach, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 17
Der Duldungsanspruch kann prozessual grundsätzlich nur im Wege der Klage durchgesetzt werden, nicht im Mahnverfahren. Die Klage muss auf Duldung des Mieters zu einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Maßnahme gerichtet sein, nicht auf Zustimmung. Die Klage kann sich u. U. auch auf Unterlassung von Behinderungen oder – soweit eine Mitwirkungspflicht des Mieters bejaht wird – auch auf Mitwirkung an bestimmten Maßnahmen richten. Der Klageantrag auf Duldung von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen dürfte aber – ebenso wie derjenige auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen (vgl. dazu BGH, Urteil v. 28.9.2011, VIII ZR 242/10, NZM 2011, 849 = GE 2011, 1545 = ZMR 2012, 94) – hinreichend bestimmt sein, wenn der erstrebte Duldungserfolg sowie der Umfang der zu duldenden Maßnahmen in seinen wesentlichen Umrissen und Schritten im Antrag umschrieben wird.
Unter Umständen kann bei Erhaltungsmaßnahmen ein schneller Beginn erforderlich sein. Ob die Duldung von Erhaltungsmaßnahmen dem Mieter gegenüber im Wege einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen ist, ist umstritten (vgl. Hinz, WuM 2005, 615 ff.; Müller, GE 1986, 526 ff.). Grundsätzlich können auch Erhaltungsmaßnahmen (AG Berlin-Neukölln, GE 1982, 1043) im einstweiligen Verfahren durchgesetzt werden, jedoch stellt dieser Weg die Ausnahme dar (a. A. Zimmermann in Mietprozess, 11. Kap. Rn. 26). Denkbar ist auch eine einstweilige Verfügung des Vermieters auf Duldung bzw. auf Unterlassung von Behinderungen oder auf Betreten der Wohnung zum Zwecke der Durchführung der Instandsetzung (AG Neukölln, GE 1982, 1043; Franke, DWW 2009, 1520; Bieber in MünchKomm § 554 Rn. 44). Allerdings wird selten ein Verfügungsgrund vorliegen (LG Hamburg, WuM 1986, 243; AG Neuss, WuM 1986, 244 = NJW-RR 1986, 314; AG Unna, WuM 1980, 179). Ein Verfügungsgrund ist aber gegeben, wenn die Instandsetzung besonders dringlich ist (Hinz, WuM 2005, 615, 623), also wenn ein Notstand bereits eingetreten ist oder der Eintritt des Notstands unmittelbar bevorsteht (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 75; Hinz, WuM 2005, 615, 623; Müller, a. a. O., 535; [PROBLEM]:FUNDSTELLE(N) nicht bekanntLG Berlin, GE 1977, 245: Reparatur der instandsetzungsbedürftigen Wasserrohre; LG Frankfurt/Main, Urteil v. 31.1.1967, 2/11 S 6/67, MDR 1968, 328: Gefahr für Feuersicherheit und Gesundheit; AG Wuppertal, Urteil v. 23.10.1972, 31 C 464/72, MDR 1973, 409: begonnene Heizungsinstallation und unmittelbar bevorstehender Beginn der Heizperiode); aber auch wenn von einem eigentlichen Notstand noch nicht gesprochen werden kann, eine gewisse Eilbedürftigkeit jedoch zu bejahen ist, bietet sich die einstweilige Verfügung als gerechtfertigt an (Müller, a. a. O.). Vielfach wird daran aber die Bedingung geknüpft, dass der Vermieter die Eilbedürftigkeit nicht zu vertreten habe (zweifelnd Müller, a. a. O., m. w. N. zum Meinungsstand). Die Eilbedürftigkeit kann jedoch nicht damit begründet werden, dass der Vermieter die Handwerker schon bestellt hat oder die Arbeiten in einem Zuge ausführen lassen will.
Führt der Vermieter im vom Mieter bewohnten Haus Instandsetzungsarbeiten durch, ohne zuvor einen Duldungstitel erwirkt zuhaben, kann der Mieter deren Durchführung im Wege der einstweiligen Verfügung unterbinden. Der Mieter kann dem Vermieter durch einstweilige Verfügung auch dann untersagen lassen , lärmintensive Heizungs -, Sanitär und Elektroinstallationsarbeiten durchzuführen, wenn der Vermieter diese Arbeiten nicht vorher ordnungsgemäß angekündigt hat und die Bauarbeiten auf den Gebrauch und den Besitz der Wohnung des Mieters nachteilig einwirken (AG Berlin- Pankow/Weißensee, Urteil v. 15.2.2007, 3 C 1014/06 , GE 2007, 989). Etwas anderes gilt nur, wenn die Maßnahmen lediglich mit unerheblichen Beeinträchtigungen verbunden sind oder der Mieter sich zuvor mit der Durchführung der Arbeiten einverstanden erklärt hat (LG Berlin, Beschluss v. 7.8.2012, 63 T 118/12, ZMR 2013, 112). Dasselbe gilt, wenn der Vermieter ohne Ankündigung zur Durchführung von Instandsetzungsarbeiten ein Gerüst errichten lässt, durch das die Sicht aus der Mietwohnung erheblich behindert wird und eine Verschattung der Wohnung sowie eine erhöhte Einbruchsgefahr und auch die Einsichtsmöglichkeit in die Wohnung durch die mit dem Aufbau beschäftigten Arbeiter entsteht (LG Berlin, Beschluss v. 27.9.2013, 65 T 158/13 (Einzelrichter), GE 2013, 1454). Der Verfügungsanspruch ergibt sich einem solchen Fall aus den § 862 Abs. 1, 858 BGB, der Verfügungsgrund ist - auch ohne gesonderten Vortrag - indiziert. Ob dem Vermieter ein materiell-rechtlicher Duldungsanspruch gemäß § 555a Abs. 1 BGB zusteht , ist für den Erlass der einstweiligen Verfügung unbeachtlich, da es sich insoweit um eine gemäß § 863 BGB nicht zu berücksichtigende petitorische Einwendung handelt (LG Berlin, Beschluss v. 1.3.2013, 63 T 29/13, NZM 2013, 465 = NJW-RR 2013, 846 = WuM 2013, 225; LG Berlin, Beschluss v. 7.8.2012, 63 T 118/12, a.a.O.). Der Mieter kann Besitzschutz durch einstweilige Verfügun...