Harald Kinne, Klaus Schach
Rz. 1
Nach dem gem. § 578 Abs. 2 Satz 1 auch auf Gewerberaummietverhältnisse entsprechend anzuwendenden § 555d Abs. 1 hat der Mieter Modernisierungsmaßnahmen zu dulden. Dabei handelt es sich um die in § 555b aufgeführten Maßnahmen. Dulden bedeutet nicht, dass der Mieter der Maßnahme zustimmen muss. Fordert der Vermieter nach Modernisierungsankündigung den Mieter unter Beifügung einer von diesem zu unterzeichnenden Duldungserklärung auf, innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich mitzuteilen, ob er den geplanten Modernisierungsmaßnahmen zustimmt, und reagiert der Mieter darauf nicht innerhalb der Frist, gibt er jedoch Veranlassung zu einer Duldungsklage des Vermieters zumindest dann, wenn ihn der Vermieter vor Klageerhebung hinsichtlich der erbetenen Erklärung über seine künftige Duldungsbereitschaft in Verzug gesetzt hat (LG Berlin, Beschluss v. 25.1.2018, 67 T 9/18, ZMR 2018, 421). Daher ist zu empfehlen, eine ohnehin beabsichtigte Zustimmung auch schriftlich zu erteilen. Die Zustimmung ist auch nicht Voraussetzung für den Anspruch des Vermieters auf Mieterhöhung (KG, RE v. 1.9.1988, 8 RE-Miet 4048/88, GE 1988, 993; OLG Stuttgart, RE v. 24.4.1991, 8 RE-Miet 1/90; OLG Frankfurt/Main, RE v. 5.9.1991, 20 RE-Miet 3/91; LG Berlin, Urteil v. 20.2.1997, 62 S 325/96). Liegt die Zustimmung des Mieters allerdings vor, kommt es für die Mieterhöhung nicht mehr darauf an, ob der Mieter überhaupt zur Duldung verpflichtet gewesen wäre (vgl. KG, a. a. O.; OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Frankfurt/Main, a. a. O.), vielmehr ist dann eine einverständliche Vertragsänderung der Parteien dahin gehend erfolgt, dass Mietvertragsgegenstand die durch die Modernisierung veränderte Mietsache einschließlich der zulässigen höheren Miete sein soll. Die Zustimmung des Mieters macht natürlich eine Ankündigung der Maßnahmen entbehrlich (LG Berlin, GE 1990, 315; Heilmann, GE 2005, 42).
Rz. 2
Dulden bedeutet vielmehr ein passives Verhalten in Kenntnis der zu duldenden Maßnahme (KG, RE v. 1.9.1988, 8 RE-Miet 4048/88, GE 1988, 993), mithin, dass der Mieter den Vermieter an der Durchführung der Maßnahmen nicht hindert (KG, a.a.O.; KG, RE v. 16.7.1992, 8 RE-Miet 3166/92), erforderlichenfalls auch, dass er dem Vermieter und den von ihm beauftragten Personen das Betreten der Mieträume gestattet sowie die zur Modernisierung erforderlichen Arbeiten trotz der damit verbundenen Beeinträchtigungen hinnimmt. Der Mieter muss Zutritt auch für Vorbereitungsmaßnahmen gewähren (LG Berlin, Urteil v. 11.8.2016, 63 S 202/16, GE 2016, 1385; LG Berlin, Urteil v. 24.6.2014, 63 S 373/13, GE 2014, 938; AG München, Urteil v. 23.6.2020, 210 C 224/120, ZMR 2021, 48). Gewährt der Mieter trotz rechtzeitiger Ankündigung und Verpflichtung zur Duldung von Modernisierungsarbeiten keinen Zutritt zu seiner Wohnung, haftet er für zusätzliche Anfahrtkosten (LG Berlin, Urteil v. 24.6.2014, 63 S 373/13, GE 2014, 938). Wird eine Einrichtung durch eine andere vollständig ersetzt, kommt es darauf an, die alte Einrichtung noch sinnvoll neben der neuen genutzt; so kann der Mieter bei Einbau einer Zentralheizung Anspruch auf die Beibehaltung eines Kachelofens haben. Der Mieter ist allerdings über die Zutrittsgewährung hinaus nicht zur Mitwirkung verpflichtet (LG Berlin, Urteil v. 17.2.2016, 65 S 301/15, WuM 2016, 282; LG Berlin, Urteil v. 24.6.2014, 63 S 373/13, a.a.O.; LG Berlin, Urteil v. 22.3.2010,67 S 306/09, iuris; LG Berlin, Urteil v. 23.12.2008, 65 S 62/08, WuM 2010, 78; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 17; Beierlein in Mietprozess, 3. Kap. Rn. 41; Marscholleck, ZMR 1985, 1; a.A. LG Berlin, Urteil v. 22.2.2005, 63 S 389/04, GE 2005, 621; Schläger, ZMR 1985, 193 und ZMR 1986, 348). Der Mieter ist nicht verpflichtet, seine Möbel selbst umzuräumen oder auf eigene Kosten durch Dritte umräumen zu lassen (LG Berlin, Urteil v. 24.6.2014, 63 S 373/13, a.a.O.); er darf andererseits die Arbeiten aber nicht verhindern oder behindern. Zu dulden sind auch Belästigungen durch Lärm, Erschütterungen und Schmutz, Entziehung von Licht und Luft durch Bau von Gerüsten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 21; § 555d Rn. 10). Können die Arbeiten nur durchgeführt werden, wenn die Räume nicht bewohnt werden, ist der Mieter auch zu (vorübergehendem) Auszug verpflichtet ( LG Mannheim, WuM 1987, 272; LG Braunschweig, Urteil v. 20.11.1964, 7 S 315/64, DWW 1965, 85; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555a Rn. 34). Der Mieter ist aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, sein in der Wohnung befindliches Mobiliar ggf. aus der Wohnung zu entfernen, jedenfalls vor dem Zugriff Dritter zu schützen (LG Berlin, Urteil v. 31.1.1989, 64 S 526/86, GE 1989, 883; a. A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 555d Rn. 17). Der Mieter, der auch noch nach rechtskräftiger Verurteilung zur Duldung den Zutritt verweigert oder die Arbeiten behindert, ist für die durch die Verzögerung eingetretenen Mehrkosten (höhere Lohn- und/oder Materialkosten) schadensersatzpflichtig. Dagegen dürfte vor rechtskräftiger ...