Harald Kinne, Klaus Schach
3.1 Interessen des Vermieters und anderer Mieter
Rz. 12
Die Härtegründe schließen die Duldungspflicht nicht aus, wenn die damit abzuwägenden Interessen des Vermieters und anderer Mieter im Gebäude vorgehen. Als berechtigtes Interesse des Vermieters kann bereits anerkannt werden, dass er den Wert seines Eigentums erhöhen (Schmid, BLGBW 1983, 62) und er seinen Hausbesitz dem jeweiligen Entwicklungsstand im Wohnungsbau anpassen will, um auch in Zukunft angemessen vermieten zu können (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 54; Bieber in MünchKomm, § 554 a. F. Rn. 32). Hierzu gehören insbes. Energiesparmaßnahmen, der Einbau von Thermostatventilen oder anderer Maßnahmen nach GEG sowie Maßnahmen im Rahmen des Anschluss- und Benutzungszwanges nach dem jeweiligen landesspezifischen Kommunalabgabengesetz (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 54). Auch die konkrete Aussicht auf staatliche Zuschüsse oder eine günstige Zinslage für Kapitalmarktmittel (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 55) können ein Interesse des Vermieters begründen; ebenso die Möglichkeit, höhere Mieten oder einen höheren Verkaufspreis zu erzielen oder Arbeiten preisgünstig ausführen lassen zu können (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 55). Das Interesse des Vermieters hat grundsätzlich Vorrang, soweit die Grenze der Unzumutbarkeit für den Mieter nicht erreicht ist (KG, RE v. 28.5.1982, 8 W RE-Miet 4712/81, GE 1982, 701).
Interessen anderer Mieter in dem Gebäude können, da zwischen den verschiedenen Mietparteien im Hause keine Vertragsbeziehungen bestehen, nur das Interesse des Vermieters verstärken (Bieber in MünchKomm, § 554 a. F. Rn. 32). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang das Interesse der anderen Mieter an der Erhöhung des Wohnkomforts, demgegenüber das Interesse des nicht duldungswilligen Mieters an der Verhinderung des vom Vermieter beabsichtigten Einbaus eines Fahrstuhls zurücktreten muss (LG Berlin, Urteil v. 8.3.2011, 65 S 19/11, GE 2011, 483).
3.2 Belange der Energieeinsparung
Rz. 13
Ferner sind die Härtegründe abzuwägen mit den Belangen der Energieeinsparung, die als Gründe des Allgemeinwohls Vorrang vor den Härtegründen haben, soweit die Grenze der Unzumutbarkeit für den Mieter nicht erreicht ist. Der Mieter dürfte sich daher bei dem Anschluss an die Kraft-Wärme-Kopplung kaum auf seine vorausgegangenen Verwendungen für die Umstellung der Heizung von Kohleöfen auf Gasetagenheizung berufen können (vgl. auch LG Berlin, Beschluss v. 28.7.2010, 67 S 180/10, GE 2010, 723). Ferner wird er sich auf eine Härte wegen der baulichen Folgen der Energieeinsparungsmaßnahme dann nicht berufen können, wenn die Wohnung im Wesentlichen ihren bisherigen Schnitt behält. Dagegen wird die Unzumutbarkeit der Maßnahme wegen des schlechten Gesundheitszustandes des Mieters auch gegenüber Energieeinsparungsmaßnahmen ein erhebliches Gewicht haben, nicht dagegen, dass das Mietverhältnis nur noch kurze Zeit besteht oder die Interessen von Personen, die nur auf Zeit dem Haushalt angehören.
3.3 Belange des Klimaschutzes
Rz. 14
Auch die Belange des Klimaschutzes dürften bei der Interessenabwägung Vorrang vor den Härtegründen haben, soweit die Klimaschutzmaßnahmen die Grenze der Zumutbarkeit für den Mieter nicht überschreiten. Der Mieter kann demgegenüber nicht einwenden, dass die vom Vermieter geplante Maßnahme dem Klimaschutz nur in geringem Umfang Rechnung trägt, weil maßgebliche Vorschriften, z. B. die der EnEV, nicht eingehalten werden. Solange somit die Maßnahme Klimaschutzkomponenten enthält, hat sie Vorrang gegenüber Härteeinwand des Mieters (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn.22). Sind Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstosses daher verbunden mit vorübergehenden Lärm- und Schmutzbelästigungen, so muss der Mieter diese Maßnahme auch dann dulden, wenn sie nicht mehr unerheblich sind und den Gesundheitszustand des Mieters
beeinträchtigen. Der Mieter ist insoweit auch nicht rechtlos gestellt, denn er kann die Miete wegen der Beeinträchtigungen des vertragsgemäßen Gebrauchs während der Arbeiten mindern (LG Berlin, GE 1997, 619; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 91; Emmerich-Sonnenschein, § 554 Rn. 32)