Harald Kinne, Klaus Schach
5.1 Grundsatz
Rz. 18
Die Härtegründe sind nach dem gem. § 578 Abs. 2 Satz 1 auch auf Gewerberaummietverhältnisse entsprechend anzuwendenden Absatz 4 des § 555d nach Ablauf des auf den Zugang der Mitteilung folgenden Monats grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um eine Ausschlussfrist.
5.2 Nicht zu vertretende Verspätung
Rz. 19
Der Mieter kann Einwendungen auch nach dem Ablauf der Frist geltend machen, wenn er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat und dem Vermieter die Umstände sowie die Gründe der Verzögerung unverzüglich in Textform mitteilt (§ 555d Absatz 4 Satz 1).
Nicht zu vertreten hat der Mieter Gründe, die erst nach Ablauf der Frist des § 555d Abs. 3 entstanden sind, Ebenso wenig zu vertreten hat der Mieter eine plötzliche – eventuell auch längere – Erkrankung, die ihn darin hindert, einen Vertreter mit den Einwendungen zu betrauen. Kann der Mieter dagegen trotz seiner Erkrankung (z. B. Beinbruch) eine Vertrauensperson mit der Überprüfung der Modernisierungsankündigung und Einwendungen gegen diese betrauen, so kann er sich nicht darauf berufen, dass er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten habe. Auch der alkoholkranke Mieter, der unter Betreuung steht, kann sich nur dann darauf berufen, wenn er infolge seiner Alkoholkrankheit zur Überprüfung der Modernisierungsankündigung und der Geltendmachung von Einwendungen und/oder zur Beauftragung seines Betreuers ständig außer Stande war. Der Mieter, der längere Zeit sich in dem von ihm gemieteten Objekt nicht aufhält, muss Vorkehrungen treffen, dass er Einwendungen gegen die Modernisierungsmaßnahme rechtzeitig geltend machen kann (Bestellung einer Vertrauensperson für die Zeit seiner Abwesenheit). Bei mehreren Mietern dürfte es darauf ankommen, ob der Härtegrund, der nur bei einem von ihm vorlag, von den anderen Mitmietern rechtzeitig mitgeteilt werden konnte oder nicht; steht der bei einem Mitmieter vorliegende Härtegrund der Duldung der Modernisierung entgegen, und war dieser Mieter an der rechtzeitigen Mitteilung des den anderen Mitmietern unbekannten Härtegrundes unverschuldet verhindert, können sich auch die anderen Mitmieter darauf berufen.
Der Mieter hat auch ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen zu vertreten. Übergibt der Mieter daher die Modernisierungsankündigung einem Dritten (Mieterverein, Rechtsberater, Rechtsanwalt), damit dieser die Möglichkeit von Härtegründen prüft und Einwendungen geltend macht, so hat es der Mieter zu vertreten, wenn der Dritte die Einwendungen erst nach Ablauf der Frist erhebt (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 555d Rn. 72a). Auch ein Verschulden der von ihm beauftragten Vertrauensperson hat er zu vertreten. Der Mieter, der seine Einwendungen gegen die Modernisierungsankündigung dem Vermieter per Post mitteilt, hat auch deren Verschulden bei dem verspäteten Zugang zu vertreten (BGH, Urteil v. VIII ZR 107/08, WuM 2009, 2236), selbst wenn auf dem Postweg für ihn unerwartete und nicht vorhersehbare Verzögerungen oder Postverluste eintreten (LG Berlin, Urteil v. 22.7.2011,63 S 607/10, GE 2011, 1229).
Der Mieter muss darlegen und beweisen, dass er an der Einhaltung der Frist gehindert war.
5.3 Berücksichtigung verspätet vorgebrachter Härtegründe
Rz. 20
Weitere Voraussetzung für die Berücksichtigung der verspätet vorgebrachten Härtegründe ist die unverzügliche Mitteilung der Umstände sowie der Gründe der Verzögerung in Textform. Fraglich ist, ob mit der geforderten Angabe der Gründe eine rechtliche Wertung gemeint ist. Dies dürfte aber ausscheiden, da von dem – in der Regel rechtsunkundigen – Mieter eine rechtliche Bewertung seiner Verzögerung nicht abverlangt werden kann. Grundsätzlich dürfte daher eine Mitteilung der Umstände ausreichen, die ihn an der Einhaltung der Einwendungsfrist hinderten. Ist nur ein Mitmieter an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen, braucht nur er die dafür maßgebenden Umstände mitzuteilen.
Auch die Mitteilung der für die Verzögerung maßgebenden Umstände muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen; insoweit dürfte aber eine Mitteilung innerhalb von wenigen Tagen nach Wegfall des Hindernisses ausreichen.
Da für die Mitteilung der Umstände der Verzögerung Textform vorgeschrieben ist, reicht eine sofortige Mitteilung durch E-Mail nicht aus.
Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Mieterhöhung begründen, können auch noch nach Ablauf der Mitteilungsfrist berücksichtigt werden, wenn sie spätestens bis zu Beginn der Modernisierungsmaßnahme mitgeteilt werden. Damit wird dem Mieter die Möglichkeit eröffnet, unabhängig von seinem Verschulden an der Einhaltung der Ausschlussfrist des § 555d Abs. 3 die finanzielle Härte noch bis zum Beginn der Modernisierungsmaßnahme einzuwenden. Damit soll der Vermieter davon geschützt werden, sich in dem Verfahren über die Mieterhöhung nach Modernisierung mit dem ihm bei Modernisierungsbeginn unbekannten finanziellen Härten des Mieters auseinandersetzen zu müssen (vgl. § 559 Abs. 5). Berücksichtigt werden also nur Härtegründe, deren Umstände bis zum Beginn der Modernisierungsmaßnahme vorlagen und geltend gemacht ...