Rz. 62
Die Vereinbarung über die Umlage der im Einzelnen aufgezählten Betriebskosten gemäß § 2 BetrKV bedeutet noch nicht, dass der Mieter darauf Vorschüsse zu zahlen hat (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 105; von Seldeneck, Rn. 3901). Vielmehr bedarf es dazu ebenfalls einer ausdrücklichen Vereinbarung des Vermieters mit dem Mieter (§ 556 Abs. 2 Satz 1). Diese Vereinbarung kann auch formlos getroffen werden, soweit der Mietvertrag nichts anderes bestimmt oder die Schriftform nicht gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 550). Haben die Mietvertragsparteien über mehrere Jahre eine Abrechnung über Vorschüsse praktiziert, so kann darin eine konkludente Änderung des Mietvertrages dahingehend liegen, dass auch künftig Vorschüsse zu zahlen sind (OLG Düsseldorf, Urteil v. 29.9.2005, 110 U 86/05, GE 2005, 1486; LG Berlin, Urteil v. 18.12.2007, 63 S 50/07, GE 2008, 331; LG Berlin, Urteil v. 19.6.2001, 64 S 168/00, GE 2001, 1676 = NZM 2002, 940).
Auch der dinglich Wohnberechtigte ist ohne Vereinbarung nicht verpflichtet, Vorschüsse auf Betriebskosten zu zahlen (LG Berlin, Urteil v. 23.10.2009, 63 S 77/09, GE 2010, 272).
Ist die Umlagevereinbarung hinsichtlich der Betriebs- bzw. Nebenkosten unwirksam, so werden die hierfür angesetzten Vorauszahlungen Teil einet Inklusivmiete oder einer Nebenkostenpauschale (OLG Frankfurt a. M., Hinweisbeschlüsse v. 14.2.2018 und 19.4.2018, 2 U 142/17, NZM 2018, 789).
Ein Anspruch auf Vorauszahlungen auch ohne Vereinbarung besteht ausnahmsweise für modernisierungsbedingte Betriebskosten (a. A. Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 74), wie z. B. nach Einbau eines Fahrstuhls (LG Berlin, GE 1992, 679 = WuM 1992, 444; von Seldeneck, Rn. 271) oder von Rauchmeldern (AG Lübeck, Urteil v. 5.11.2007, 21 C 1668/07, ZMR 2008, 302) oder nach Einbau einer Zentralheizung statt eienr Ofenheizung (LG Berlin, Urteil v. 15.11.2010, 67 S 641/09, GE 2011, 1161; LG Berlin, Urteil v. 29.7.2004, 62 S 111/04, GE 2004, 1395; von Seldeneck, a. a. O.).
Weder im Mietvertrag über preisfreien Wohnraum noch in demjenigen über preisgebundenen Wohnraum brauchen die auf die einzelnen Betriebskostenarten entfallenden Vorschüsse aufgeschlüsselt zu werden. Es reicht die Angabe eines Gesamtbetrags aus (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 107; Blank/Börstinghaus, § 556 Rn. 103; von Seldeneck, Rn. 3903; BGH, Urteil v. 13.1.2010, VIII ZR 137/09, GE 2010, 333 = ZMR 2010,433 für preisgebundenen Wohnraum). Ist hinter jeder Kostenart ein genauer Betrag angegeben und entspricht der ausgeworfene Gesamtbetrag der Summe der einzelnen Vorschüsse, ist auch sonst insoweit von einer Vorauszahlungsabrede auszugehen (AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 16.10.2015, 532 C 149/15, ZMR 2016, 118; von Seldeneck, Rn. 3907).
Rz. 63
Vorauszahlungen dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden (§ 556 Abs. 2 Satz 2). Angemessen sind Vorauszahlungen, die ungefähr den vom Mieter zu zahlenden Betriebskosten entsprechen, die also kostendeckend (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 111) sind. Bei Erstvermietung einer Neubauwohnung können dafür die aus dem Mietspiegel für vergleichbaren Wohnraum ersichtlichen Betriebskosten pro qm angesetzt werden (Geldmacher, Wohnungsbaurecht, September 2001, Mietrecht, § 556 Anm. 6.2). Bei Folgevermietung einer Wohnung können die aus den Vorjahren ersichtlichen Betriebskosten für die jeweilige Wohnung zugrunde gelegt werden (AG Mannheim, WuM 1978, 46; AG Solingen, WuM 1984, 195 [LS]). Diese Werte können bei zu erwartenden Kostensteigerungen um 10 % überschritten werden (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 Rn. 111; nur 5 % :AG Karlsruhe, ZMR 1989, 67; Geldmacher, DWW 1997, 7 f.). Die Vorschüsse können in monatlich gleichbleibenden Beträgen – unabhängig von dem jahreszeitlich unterschiedlichen Anfall der Betriebskosten (also Heizkostenvorschüsse auch für die Sommermonate) – vereinbart werden.
Die Vereinbarung zu niedriger Betriebskosten führt grundsätzlich nicht dazu, dass der Vermieter mit seiner (hohen) Nachzahlungsforderung ausgeschlossen ist (BGH, Urteil v. 11.2.2004, VIII ZR 195/03, MM 2004, 121 f.; BGH, Urteil v. 28.4.2004, XII ZR 21/02, GE 2004, 958; LG Berlin, Urteil v. 20.12.2007, 29 O 326/06, GE 2008, 126; kritisch dazu Eisenschmid, WuM 2004, 202; Lehmann-Richter, WuM 2004, 254; Derckx, ZMR 2004, 321). Hat der Vermieter jedoch die Betriebskostenvorschüsse bewusst zu niedrig geschätzt, hat er keinen Anspruch auf Nachzahlung.
Ein Schadensersatzanspruch des Mieters wegen zu niedrig angesetzter Betriebskostenvorschüsse kommt nur dann in Betracht, wenn der Vermieter bewusst in Täuschungsabsicht handelte (OLG Düsseldorf, Urteil v. 3.2.2000, 10 U 197/98, WuM 2000, 591 = ZMR 2000, 604; LG Berlin, Urteil v. 3.11.2003, 67 S 204/03, GE 2004, 107; LG Berlin, Urteil v. 7.8.2001, 64 S 109/01, NZM 2002, 212 = ZMR 2002, 53; weitergehend: Blank/Börstinghaus, § 556 Rn. 99). Der Vermieter ist hinsichtlich des Differenzbetrags zwischen vereinbarten Vorauszahlungen und tatsächlich entstandenen Betriebskosten ...