2.1 Umfang /Form der Rüge
Rz. 9
Der Mieter muss allein einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen, ohne Tatsachen zu benennen, auf denen diese Rüge beruht. Bei vereinbarter Staffelmiete wirkt eine vom Mieter nach § 556g Abs. 2 BGB a. F. erhobene Rüge in der folgenden Mietstaffel fort und muss nicht wiederholt werden (BGH, Hinweisbeschluss v. 10.10.2023, VIII ZR 45/22, WuM 2024, 30).
Eine qualifizierte Rüge ist daher nur noch erforderlich, wenn der Vermieter seinerseits über eine Ausnahme von der Mietpreisbremse informiert hat. Bei einer Mehrheit von Mietern ist nicht erforderlich, dass sämtliche Mieter den Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen; eine Rüge durch einen Mieter genügt und wirkt für alle (BGH, Urteil v. 27.5.2020, VIII ZR 45/19, NZM 2020, 551). Der Mieter kann auch einen registrierten Inkassodienstleister mit der Erhebung einer Rüge beauftragen (BGH, Urteil v. 24.5.2023, VIII ZR 373/21, GE 2023, 793).
Die Rüge muss die Textform (§ 126b) einhalten (§ 556g Abs. 4); mit einer mündlichen Rüge wird die gesetzlich vorgeschriebene Form also nicht gewahrt. Die Erhebung der Rüge per E-Mail oder SMS dürfte zwar grundsätzlich ausreichen, ist aber aus Beweisgründen wegen der eingeschränkten Nachweismöglichkeiten im Rückforderungsprozess nicht zweckmäßig (Fleindl, WuM 2015, 212).
Die Rüge kann auch durch einen bevollmächtigten Inkassodienstleisters im Zusammenhang mit der Geltendmachung und Abtretung von Ansprüchen des Mieters erhoben werden (BGH, Urteil v. 24.5.2023, VIII ZR 373/21, NZM 2023, 637).
2.2 Rückerstattungsanspruch
Rz. 10
Der Mieter kann ab der Rüge die Zahlung nicht geschuldeter Miete verweigern bzw. Rückzahlung verlangen. Der Mieter kann die gesamte seit Beginn des Mietverhältnisses zu viel gezahlte Miete zurückfordern, wenn er den Verstoß gegen die "Mietpreisbremse" in den ersten 30 Monaten nach Beginn des Mietverhältnisses rügt. Bei Rüge nach Ablauf von 30 Monaten hat der Mieter einen Anspruch auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete weiterhin nur bezüglich der nach Zugang der Rüge fällig gewordenen überzahlten Mieten (BeckOK/Theesfeld-Betten, § 556g Rn. 24).
Da die Miete i. d. R. jeweils am dritten Werktag eines Monats fällig ist, muss die Rüge dem Vermieter bis zum Ablauf des zweiten Werktages zugehen (BeckOK/Theesfeld-Betten, § 556g Rn. 25). Der Samstag zählt dabei nach hier vertretener Ansicht nicht mit (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 556g Rn. 27).
Bei vereinbarter Staffelmiete wirkt eine vom Mieter nach § 556g erhobene Rüge in der folgenden Mietstaffel fort und muss nicht wiederholt werden (BGH, Urteil v. 30.3.2022, VIII ZR 279/21, GE 2022, 1001).
Der Anspruch eines Wohnungsmieters auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff.) ist abtretbar (zur Abtretung an einen Inkassodienstleister: u. a. BGH, Urteil v. 18.5.2022, VIII ZR 9/22, ZMR 2022, 788; vgl. dazu näher unter 8). Rückzahlung kann nur an alle Mieter als Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs gemeinsam verlangt werden (BGH, Urteil v. 27.5.2020, VIII ZR 45/19, a. a. O.).
Zahlung der Miete durch das Sozialamt
Zahlt das Sozialamt die Miete, kann der Mieter Ansprüche auf Rückzahlung wegen unter Verstoß gegen die "Mietpreisbremse" nach §§ 556d ff. überhöhter Mietforderungen nur dann im eigenen Namen geltend machen, wenn ihm der Leistungsträger die Forderungen nach § 33 IV SGB II rücküberträgt (LG Berlin, Urteil v. 19.4.2023, 64 S 190/21, ZMR 2023, 630; Anschluss an LG Hamburg, GE 2016, 917).