Rz. 57
Ausnahmsweise kann der Vermieter auch rückwirkend erhöhte Betriebskosten umlegen (§ 560 Abs. 2 Satz 2). Voraussetzung dafür ist, dass die Erhöhung auf einer gegenüber der bisherigen Mieterhöhung gemäß § 560 Abs. 1 Satz 1 nachträglich eingetretenen Betriebskostenbelastung des Vermieters beruht, mit der er nicht zu rechnen brauchte (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 560 Rn. 31). Diese Betriebskostenerhöhung muss rückwirkend eingetreten sein, d. h. sich auf einen Zeitraum vor der Kenntnis des Vermieters von der Belastung erstrecken. Auch insoweit ist entscheidend, ob durch diese rückwirkende Betriebskostenerhöhung sich der Saldo der Betriebskosten gegenüber demjenigen Jahr, für das die Erhöhungserklärung wegen der aktuell erhöhten Betriebskosten bereits abgegeben worden ist, erhöht hat. Entscheidend ist die positive Kenntnis des Vermieters von einer Erhöhung des Gesamtbetrages der Betriebskosten (AG Berlin-Charlottenburg, GE 1990, 105), nicht seine fahrlässige Unkenntnis ("kennen müssen"). Maßgebend ist insoweit der Zugang des Bescheides bei dem Vermieter, aus welcher sich der Umfang der ihn treffenden rückwirkenden Mehrbelastung ergibt (z. B. Grundsteuerbescheid); falls der Vermieter gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegt, ist der Zugang des Widerspruchsbescheids oder des Urteils maßgebend, durch den die Erhöhung endgültig festgelegt worden ist (LG München I, DWW 1978, 99).
Der Vermieter muss in der Erhöhungserklärung die Rückwirkung der Belastung stichwortartig erläutern; ferner muss er – wie in der sonstigen Erhöhungserklärung gemäß § 560 Abs. 1 Satz 1 – den Saldo der bisherigen Betriebskosten demjenigen Saldo der Betriebskosten gegenüberstellen, der sich infolge der rückwirkenden Betriebskostenerhöhung erhöht hat. Lediglich wenn sich aus der Erhöhungserklärung ergibt, dass diese Erhöhung rückwirkend eingetreten ist, kann die rückwirkende Erhöhung nachträglich umgelegt werden.
Rz. 58
Weitere Voraussetzung ist, dass die auf die rückwirkende Erhöhung der Betriebskosten gestützte Erhöhungserklärung innerhalb einer Frist von drei Monaten nach positiver Kenntnis des Vermieters von der eingetretenen Erhöhung abgegeben wird (§ 560 Abs. 2 Satz 2); entscheidend ist nicht der Zeitpunkt des Zugangs beim Mieter, sondern der Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 560 Rn. 32; a. A. LG Frankfurt/Main, NZM 2001, 538). Für die Einhaltung der Dreimonatsfrist ist der Vermieter beweispflichtig (LG Bonn, WuM 1985, 373 [LS]).
Die rückwirkende Umlage der erhöhten Betriebskosten wirkt auf den Zeitpunkt der Erhöhung der Betriebskosten, frühestens jedoch auf den Beginn des der Erklärung vorausgehenden Kalenderjahres zurück (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 560 Rn. 33; Blank/Börstinghaus, § 560 Rn. 13), sofern der Vermieter die Erklärung innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von der Erhöhung abgibt (§ 560 Abs. 2 Satz 2).
Beispiel
Erfährt der Vermieter erst im Mai 2023 von der rückwirkenden Betriebskostenerhöhung per 1.1.2020 (z. B. rückwirkende Grundsteuererhöhung ab dem 1.1.2020) und macht er im Juni 2021 die rückwirkende Erhöhung gegenüber dem Mieter geltend, so schuldet dieser die erhöhte Miete nicht ab dem 1.1.2020, sondern erst ab dem 1.1.2022 (Beginn des der Erklärung vorausgehenden Jahres).
Fällig wird die Umlage der rückwirkend erhöhten Betriebskosten wieder zum Beginn des übernächsten Monats (Blank/Börstinghaus, § 560 Rn. 13), und zwar mit der nächsten Miete, also in der Regel zum dritten Werktag des übernächsten Monats. Der Mieter schuldet auch den für die Vergangenheit aufgelaufenen Erhöhungsbetrag ab diesem Zeitpunkt.
Ergeben sich mehrmals im Jahr rückwirkend Betriebskostenerhöhungen, so muss der Vermieter mehrmals im Laufe eines Jahres eine entsprechende Erhöhungserklärung abgeben. Der Vermieter muss, um sich eine Umlage der rückwirkend erhöhten Betriebskosten bis zum Beginn des der Erklärung vorausgehenden Kalenderjahres zu erhalten, dann jeweils innerhalb der Reaktionsfrist von drei Monaten seit positiver Kenntnisse von der rückwirkenden Betriebskostenerhöhung dem Mieter eine entsprechende Erhöhungserklärung zugehen lassen.
Rz. 59
Der Vermieter kann die rückwirkend eingetretene Erhöhung der Betriebskosten gemäß § 560 Abs. 2 Satz 2 auch dann nicht vom Mieter verlangen, wenn das Mietverhältnis bereits beendet ist (Schmidt-Futterer/Lehmannn-Richter, § 560 Rn. 32; Blank/Börstinghaus, § 560 Rn. 13; Geldmacher, Wohnungsbaurecht, November 2005, § 560 Anm. 3.4.6; LG Frankfurt/Main, Urteil v. 13.11.2001, 2-11 S 191/01, NZM 2002, 336; a. A. früher LG Berlin, Urteil v. 21.3.2005, 62 S 321/04, GE 2005, 737) und zwar auch nicht für diejenige Zeit, in der der Mieter sonst die Erhöhung der Betriebskostenpauschale zu tragen hätte. Denn § 560 setzt ein (fortbestehendes)Mietverhältnis voraus (Geldmacher a. a. O.).Im Gegensatz zu der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung (vgl. dazu § 556 Rn. 87), bei der es sich um den Ausgleich der Differenz zu den während des Mietverhältnisses gezahlten...