Leitsatz
Die Versetzung eines evangelischen Pfarrers in den Ruhestand unterliegt der innerkirchlichen Organisationsgewalt und ist nicht justiziabel. Eine hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde ist deshalb unzulässig und wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Im Rahmen der Entscheidung erläuterte das BVerfG das Selbstbestimmungsrecht der Kirche.
Sachverhalt
Ein evangelischer Pfarrer war von seiner Kirche gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt worden. Die Ruhestandsbezüge wurden fühlbar unterhalb der Höhe seines bisherigen Salärs festgesetzt. Der Pfarrer rügte daraufhin mit einer Verfassungsbeschwerde, dass die der Versetzung zugrunde liegenden kirchlichen Rechtsnormen ihn in seinen verfassungsrechtlich garantierten Grundrechten verletzten. Im Rahmen der Entscheidung über die Annahme der Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nochmals anschaulich wesentliche Grundsätze des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche repetiert:
Die Verfassungsbeschwerde des Pfarrers war unzulässig. Nach § 90 Abs. 1 BVerfGG kann eine Verfassungsbeschwerde nur auf eine Verletzung von Grundrechten durch die öffentliche Gewalt gestützt werden. Die öffentliche Gewalt umfasst hierbei nur die grundrechtsverpflichteten Staatsfunktionen, wozu die Kirche – jedenfalls im Verhältnis zu ihren Mitarbeitern – nicht zu rechnen ist.
Nach dem kirchenpolitischen System des Grundgesetzes erkennt der Staat die Kirchen als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung an, die ihre Gewalt nicht vom Staat ableiten. Die Folge ist, dass der Staat in ihre inneren Verhältnisse nicht eingreifen darf. Diese Sonderstellung innerhalb der staatlichen Rechtsordnung schafft keine rechtsfreien Räume. Vielmehr schafft sie eine institutionelle Sicherung der Staatsfreiheit der Kirchen i.S. von Art. 137 Abs. 3 WRV.
Angesichts der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staats dürfen staatliche Gerichte nicht in innerkirchliche Angelegenheiten hineinregieren. Dies gilt gerade auch für die Ämterhoheit der Kirchen. Etwas anderes gilt nur, soweit Kirchen vom Staat verliehene Befugnisse ausüben oder wenn sie Maßnahmen ergreifen, die den kirchlichen Bereich überschreiten. In diesen Fällen erfährt ihr Selbstbestimmungsrecht eine in der Sache begründete Einschränkung.
Dem Art. 33 Abs. 5 GG, wonach das Recht des öffentlichen Diensts unter Berücksichtigung der Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist, kommt ebenso wie einfach gesetzliche Regelungen des Beamtenrechts weder unmittelbar noch analog in innerkirchlichen Angelegenheiten zur Anwendung.
Link zur Entscheidung
BVerfG, Beschluss v. 9.12.2008, 2 BvR 717/08.