Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
1.1 Religionszugehörigkeit als ELStAM
Die Kirchensteuerpflicht ist in allen Bundesländern an die Kirchenzugehörigkeit zu einer steuerberechtigten Religionsgemeinschaft und an den inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Arbeitnehmers geknüpft. Die Staatsangehörigkeit ist ohne Bedeutung. Aus diesem Grund unterliegen beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, nicht der deutschen Kirchensteuer.
Abgerufene ELStAM maßgeblich
Die Frage der Kirchensteuerpflicht braucht der Arbeitgeber nicht zu prüfen. Für die Einbehaltung der Kirchensteuer im Steuerabzugsverfahren sind die beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) neben den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) abrufbaren Daten über die Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft maßgebend. Wird danach für den Arbeitnehmer die Zugehörigkeit zu einer steuerberechtigten Religionsgemeinschaft übermittelt, ist der Arbeitgeber hieran gebunden.
Um zu gewährleisten, dass der Arbeitgeber im ELStAM-Verfahren über die erforderlichen Daten verfügen kann, liefern die Gemeinden die rechtliche Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zu einer Religionsgemeinschaft sowie das Datum des Ein- und Austritts aus der Kirche an das BZSt.
Keine Arbeitgeberhaftung bei fehlerhaften ELStAM
Wird die Kirchensteuer deshalb nicht einbehalten, weil die beim BZSt abgerufenen Daten über die Religionszugehörigkeit des Arbeitnehmers von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen, darf das Finanzamt den Arbeitgeber nicht als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob ihm die Abweichung bekannt ist. Eine Pflicht zur Anzeige hat der Gesetzgeber diesbezüglich nur dem Arbeitnehmer auferlegt. Im Rahmen der betrieblichen Fürsorgepflicht ist zu empfehlen, beim Erkennen der unzutreffend übermittelten Daten den Arbeitnehmer hierauf hinzuweisen.
1.2 Religionszugehörigkeitsschlüssel
Welche steuererhebenden Religionsgemeinschaften in der Praxis hauptsächlich vorkommen, für die der Arbeitgeber vom Arbeitslohn Kirchensteuer einzubehalten hat, und insbesondere mit welchen Abkürzungen diese bei Abruf der ELStAM ausgewiesen werden, sind der folgenden Übersicht zu entnehmen:
Religionsschlüssel der Finanzverwaltung (ggf. getrennt für Arbeitnehmer und Ehegatte bescheinigt) |
Religionszugehörigkeit |
ak |
altkatholisch |
ev |
evangelisch |
fg oder fs |
freireligiöse Gemeinde |
fr |
französisch-reformiert |
is oder isr |
israelitisch |
jd, js, ib, iw oder il |
jüdisch |
lt |
evangelisch-lutherisch |
rf |
evangelisch-reformiert |
rk |
römisch-katholisch |
un oder ur |
unitarisch-protestantisch |
vd oder "- -" |
keine Kirchensteuerpflicht |
Die Zusammenstellung ist nicht abschließend. Im Zweifel empfiehlt es sich, beim Betriebsstättenfinanzamt eine Anrufungsauskunft einzuholen, die verbindlich die Kirchensteuerpflicht des betreffenden Arbeitnehmers festlegt.
Beginn und Ende des Kirchensteuerabzugs bestimmen sich für den Arbeitgeber ausschließlich nach den vom BZSt übermittelten Daten über die Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft. Solange dem BZSt von den Meldebehörden keine entsprechende Änderung als Datensatz übermittelt wurde, hat der Arbeitgeber das bisherige Verfahren fortzusetzen, also z. B. entgegen der tatsächlichen Steuerpflicht weiterhin keine Kirchensteuer einzubehalten.
Besonderheit bei gesperrten ELStAM
Ist die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI einzubehalten, weil der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Abruf der ELStAM nicht ermöglicht hat, wegen
- Nichtmitteilung seiner Steueridentifikationsnummer oder seines Geburtstags oder
- Sperrung der ELStAM auf Antrag des Arbeitnehmers
muss der Arbeitgeber die Religionszugehörigkeit beim Arbeitnehmer erfragen. Gibt er an, konfessionslos zu sein, ist keine Kirchensteuer einzubehalten.
Aus Beweisgründen ist anzuraten, dies im Lohnkonto zu vermerken, um z. B. nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung einer Haftungsinanspruchnahme durch das Finanzamt zu entgehen.
1.3 Bemessungsgrundlage im Lohnsteuerabzugsverfahren
Nach dem Gesetz gilt die festgesetzte Einkommensteuer als Maßstab für die Berechnung der Kirchensteuer. Im Lohnsteuerabzugsverfahren bemisst sich die Kirchensteuer nach der einzubehaltenden Lohnsteuer.
Fiktive Lohnsteuer bei Arbeitnehmern mit Kindern
Bei Arbeitnehmern mit Kindern ist von einer fiktiven Lohnsteuer auszugehen, weil monatliche Freibeträge zu berücksichtigen sind:
- Steuerklasse I, II und III: Für 2024 ein Kinderfreibetrag i. H. v. 532 EUR (2023: 502 EUR) und ein sog. Erziehungsfreibetrag i. H. v. 244 EUR ;
- Steuerklasse IV: Für 2024 ein Kinderfreibetrag i. H. v. 266 EUR (2023: 251 EUR) und ein sog. Erziehungsfreibetrag i. H. v. 122 EUR.
Die sich hierdurch ergebende geringere Zuschlagsteuer ist in den Lohnsteuertarif eingearbeitet. Der Kirchensteuerabzug bestimmt sich deshalb ausschließlich nach den übermittelten ELStAM. Ob der Arbeitnehmer nach Ablauf des Kalenderjahres in seine...