15. Unterhaltsbedarf
15.1. Der Bedarf der Ehegatten richtet sich nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Unterhaltszeitraum, soweit diese die ehelichen Lebensverhältnisse nachhaltig geprägt haben.
Bei tatsächlicher oder den Ehegatten obliegender Aufnahme oder Ausdehnung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung / Scheidung wird das erzielte oder erzielbare (Mehr-) Einkommen in der Regel als Surrogat des wirtschaftlichen Wertes einer bisherigen die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmenden Haushaltstätigkeit angesehen.
Ebenso können einem neuen Partner gegenüber erbrachte geldwerte Versorgungsleistungen als Surrogat der früheren Haushaltstätigkeit angesehen werden.
Auch eine Rente kann als Surrogat früherer Erwerbs- oder Haushaltstätigkeit berücksichtigt werden.
Die den Lebenszuschnitt mitbestimmenden Nutzungsvorteile mietfreien Wohnens im eigenen Haus (Nr.5) setzen sich an Zinsvorteilen des Verkaufserlöses fort.
Bei Berechnung des Bedarfs ist von dem anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen (Nr.10) vorab der Unterhalt (Zahlbetrag!) der Kinder abzuziehen.
Auch Unterhalt für nachrangige volljährige Kinder ist abzusetzen, wenn den Eheleuten ein angemessener Unterhalt verbleibt.
Unterhaltspflichten für nicht gemeinsame Kinder sind zu berücksichtigen, wenn sie die ehelichen Lebensverhältnisse mit bestimmt haben. Dies kann nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2006, 683) auch für nach der Scheidung geborene Kinder gelten.
Wegen des denkbaren Abzugs von Kinderbetreuungskosten, eines Betreuungsbonus sowie von Schulden wird auf Nr. 10.3. und 10.4. Bezug genommen.
15.2. Der Bedarf eines jeden Ehegatten ist grundsätzlich mit der Hälfte des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens beider Ehegatten anzusetzen.
Jedem erwerbstätigen Ehegatten steht vorab ein Bonus von 1/7 seiner Erwerbseinkünfte als Arbeitsanreiz und zum Ausgleich derjenigen berufsbedingten Aufwendungen zu, die sich nicht nach objektiven Merkmalen eindeutig von den privaten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen. Der Bonus ist vom Erwerbseinkommen nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen, des Kindesunterhalts, ggf. der Betreuungskosten, eines Betreuungsbonus und berücksichtigungsfähiger Schulden zu errechnen.
15.3. Bei sehr guten Einkommensverhältnissen (in der Regel mindestens das Dreifache des Höchstbetrages nach der Düsseldorfer Tabelle als frei verfügbares Einkommen) der Eheleute kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.
15.4 Verlangt der Berechtigte neben dem Elementarunterhalt für Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit Vorsorgeunterhalt, den er aus seinen eigenen Einkünften nicht decken kann, sind grundsätzlich die vom Pflichtigen geschuldeten Beträge wie eigene Vorsorgeaufwendungen (Nr.10.1) von seinem Einkommen abzuziehen.
Altersvorsorgeunterhalt wird nicht geschuldet, wenn das Existenzminimum (notwendiger Selbstbehalt) des Berechtigten nicht gesichert ist.
Zur Ermittlung des Krankheitsvorsorgeunterhalts hat der Berechtigte konkret die Kosten einer eheangemessenen Absicherung gegen Krankheit darzulegen.
Zur Ermittlung des Altersvorsorgeunterhalts wird zunächst ein vorläufiger Elementarunterhalt nach Nr. 15.2., 21.4. bestimmt. Einkünfte des Berechtigten, die zu keiner Altersvorsorge führen, bleiben unberücksichtigt. Hinzu kommt ein Zuschlag entsprechend der jeweils gültigen Bremer Tabelle. Von dieser Brutto- bemessungsgrundlage wird mit Hilfe des jeweiligen Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) der Vorsorgeunterhalt errechnet. Dieser wird vom bereinigten Nettoeinkommen des Verpflichteten abgezogen; auf dieser Basis wird der endgültige Elementarunterhalt errechnet.
Die zweistufige Berechnung und der Vorwegabzug des Vorsorgeunterhalts für Alter, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit können unterbleiben, wenn und soweit der Verpflichtete über nicht prägendes Einkommen verfügt, das den Mehrbedarf übersteigt, oder wenn und soweit auf den Bedarf nicht prägendes Einkommen des Berechtigten angerechnet wird (BGH FamRZ 1999, 372).
15.5. Bedarf bei mehreren gleichrangigen Ehegatten und Berechtigten nach § 1615 l BGB:
Vorerst unbelegt.
16. Bedürftigkeit
Eigenes Einkommen des Berechtigten mindert den nach Nr. 15 ermittelten Bedarf. Das gilt auch für Einkommen des Berechtigten, das die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt hat. Die allgemeinen Grundsätze zur Unterhaltsrelevanz und zum Berufsbonus finden Anwendung.
17. Erwerbsobliegenheit
17.1. Die Erwerbsobliegenheit des Ehegatten bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (§ 1570 BGB).
Bis zum Ende des dritten Lebensjahres eines Kindes besteht in aller Regel keine Verpflichtung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (§ 1570 Abs. 1 S. 1 BGB). Ab dann ist regelmäßig die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zumutbar, es sei denn, in der Person des Kindes liegende Gründe erforderten die ständige Anwesenheit des betreuenden Elternteils (§ 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Dabei sind insbesondere die bestehenden Möglichkeiten der...