1 Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Köln, Stand: 1.1.2017
Die Familiensenate des OLG Köln verwenden diese Leitlinien für den Regelfall, um eine in praktisch bedeutsamen Unterhaltsfragen möglichst einheitliche Rechtsprechung zu erreichen. Die Leitlinien können die Richter nicht binden. Sie sollen die angemessene Lösung des Einzelfalls - das gilt auch für die "Tabellen-Unterhaltssätze" nicht antasten.
Die Leitlinien folgen der Düsseldorfer Tabelle und den Süddeutschen Leitlinien, weichen jedoch in Einzelfragen davon ab.
Die Leitlinien gelten ab 1. Januar 2017. Gegenüber den ab dem 1. Januar 2016 geltenden Leitlinien ergeben sich inhaltliche Änderungen in Ziffern 2.2, 2.10., 2.11, 4, 10.2.3., 10.6., 15.3. und im Anhang II.
1.1 Unterhaltsrechtliches Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1 Geldeinnahmen
1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschl. Renten und Pensionen
Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.
1.2 Unregelmäßiges Einkommen
Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr verteilt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (i.d.R. mehrere Jahre) zu verteilen.
Eine zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bleibt jedenfalls für den Ehegattenunterhalt unberücksichtigt (BGH, Urteil v. 2.6.2010, XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311). Im Übrigen ist eine Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (BGH, Urteil v. 28.3.2007, XII ZR 163, FamRZ 2007, 983, v. 2.6.2010, XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311 und v. 8.4.2012, XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040, teilweise Aufgabe von BGH, Urteil v. 29.1.2003, XII ZR 92/01, FamRZ 2003, 590).
Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss oder einen nur teilweise Aufstockung angemessen ist, um die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung (BGH, Urteil v. 8.4.2012, XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040).
1.3 Überstunden
Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten. Ob und in welchem Umfang weitergehende Einkünfte durch Überstunden, aus Nebentätigkeit oder Zweitarbeit anrechenbar sind, ist nach Billigkeit nach den Umständen des Einzelfalls (hohe Schuldenbelastung, Sicherung des Mindestbedarfs) zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil v. 31.10.2012, XII ZR 30/10).
1.4 Spesen und Auslösungen
Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen.
1.5 Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit
Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen. Für die Vergangenheit ist i.d.R. der Gewinn auf das tatsächlich erzielte Jahreseinkommen abzustellen; Durchschnittsberechnungen für den gesamten Unterhaltszeitraum oder für einzelne Unterhaltszeiträume sind möglich.
1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.
1.7 Steuererstattungen
Steuerzahlungen oder Erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen.
1.8 Sonstige Einnahmen
Sonstige Einnahmen (z.B. Trinkgelder, Krankenhaustagegeld).
2 Sozialleistungen
Arbeitslosengeld (§ 136 ff. SGB III), Insolvenzgeld (§ 165 ff. SGB III), Krankengeld und Übergangsgeld sind Einkommen.
2.2 Leistungen nach dem SGB II
Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (§§ 19-23 SGB II) ist Einkommen beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Leistungen nach dem SGB II kein Einkommen. Soweit ein Übergang des Anspruchs auf den Träger der Lei stungen nach § 33 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen ist (auch bei fiktivem Einkommen), können Unterhaltsforderungen eines Leistungsempfängers für die Vergangenheit treuwidrig sein (vgl. BGH FamRZ 1999, 843).
2.3 Wohngeld
Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.
2.4 BAföG
BAföG-Leistungen sind Einkommen, auch soweit sie als Darlehn gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.
2.5 Erziehungs- und Elterngeld
Elterngeld nach § 11 BEEG ist als Einkommen zu behandeln; für den Mindestbetrag von monatlich 300 EUR bzw. 150 EUR bei verlängertem Bezug gilt dies nur ausnahmsweise (§ 11 S. 4 BEEG)...