Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Vorlage an den BGH
Normenkette
§ 15 Abs. 2 WEG, § 16 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Durch Eigentümer-Mehrheitsbeschluss, der die Vermietung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Kellerräumen zulässt, wird der Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer an dem gemeinschaftlichen Eigentum geregelt; nach Ansicht des BayObLG tritt bei einer solchen Vermietung an die Stelle des sonst möglichen unmittelbaren Gebrauchs eines Kellerraums der Anteil an den Mieteinnahmen.
2. Unter Aufhebung früherer Entscheidungen des Senats vom 31. 3. 1972 (BayObLGZ 72, 109/112) und vom 9. 10. 1973 (BayObLGZ 73, 267) wird diese Streitfrage aufgrund der anderslautenden Entscheidung des OLG Zweibrücken ( OLG Zweibrücken, Entscheidung v. 5. 6. 1986 , Az.: 3 W 96/86= NJW-RR 1986, 1338) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Sicher kann das Recht eines Miteigentümers, gemeinschaftliches Eigentum zu benutzen, nicht durch Mehrheitsbeschluss völlig ausgeschlossen werden (h.M.). Eigentümer können aber nach Ansicht des Senats - soweit keine Vereinbarung entgegensteht - durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauch nach § 15 Abs. 2 WEGbeschließen. Ein solcher ordnungsgemäßer Gebrauch kann auch in der Vermietung gemeinschaftlicher Kellerräume bestehen, wenn dadurch keinem der Wohnungseigentümer ein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG entsteht (ebenso BayObLGZ 92, 1; KG Berlin, WE 91, 327; Hans. OLG Hamburg, WE 93, 167; Weitnauer/Lüke WEG, 8. Auflage § 15 Rn. 24). Dem unmittelbaren Gebrauch entspricht hier bei Vermietung der Anteil an den Mieteinnahmen gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 WEG und § 16 Abs. 1 WEG. Jedenfalls bei Kellerräumen oder Garagenstellplätzen besteht auch weder rechtlich noch tatsächlich eine andere Möglichkeit als eine Nutzung durch Zuweisung dieser Räume an einzelne Eigentümer oder Dritte; dies gilt erst recht, wenn mehr Kellerräume oder Garagenplätze als Wohnungseigentümer vorhanden sind. Vorliegend stand dem Beschluss auch keine Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung oder Hausordnung entgegen, so dass auch nicht von anderweitigen Nachteilen gesprochen werden konnte.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 14.10.1999, 2Z BR 108/99= BayObLGZ 1999 Nr. 70, Vorlage zum BGH)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Zum vorliegenden Einzelfall dürfte der BGH diese Meinung des BayObLG aller Wahrscheinlichkeit nach bestätigen. Die Problematik sollte allerdings nicht verallgemeinert werden und zum Schluss verleiten, dass nunmehr eine Gemeinschaft stets durch einfachen Mehrheitsbeschluss gemeinschaftliche Räume, Bauteile oder Grundstücksflächen an Eigentümer oder auch Dritte - wenn auch angemessen verzinst - vermieten könnte. Stets muss hier auf mögliche Nachteile einer solchen Vermietung abgestellt werden, also z.B. auch auf dadurch entstehende erhöhte Störungen und Beeinträchtigungen einzelner Eigentümer, insbesondere bei gleichzeitigen Nutzungsänderungen bzw. -erweiterungen, und damit einhergehenden Wertminderungen anderen Wohnungseigentums. Nachteilswirkungen könnten hier im Einzelfall auch durch optische und immissionsrechtliche Störungen oder anderweitigen gemeinschaftlichen Raumbedarf entstehen. Vorliegend waren wohl die Kellerräume auch als solche zweckbestimmt, eine andere Nutzung damit weder vorgegeben noch möglich.