Leitsatz

Vor Konkurs des Wohnungseigentümers fällig gewordene Wohngeldvorschüsse sind und bleiben auch bei Abrechnungsgenehmigungsbeschluss erst nach Konkurseröffnung einfache Konkursforderungen

 

Normenkette

(§§ 16, 28 WEG; §§ 3, 59, 106 Konkursordnung a.F.)

 

Kommentar

  1. Vor dem Konkurs eines Wohnungseigentümers begründete und fällig gewordene Ansprüche auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen bleiben nur einfache Konkursforderungen und sind damit auch keine vorrangig zu begleichenden Masseschulden gem. § 59 KO. Dies gilt auch dann, wenn über die Jahresabrechnung erst nach Konkurseröffnung entschieden wurde.
  2. Die Bestellung eines Sequesters (im Zeitraum vor Konkurseröffnung) ändert an diesem Ergebnis nichts; auch auf den Zeitraum der Sequestration entfallende Vorschussansprüche sind nur einfache Konkursforderungen, nicht jedoch Masseverbindlichkeiten.
 

Link zur Entscheidung

(OLG Stuttgart, Urteil vom 18.09.2002, 3 U 89/02, ZMR 1/2003, 57)

Anmerkung

Das Urteil weist zwar zu Recht auf die Grundsatzentscheidung des BGH v. 10.3.1994 (IX ZR 98/93, ZMR 1994, 256) hin: Wurden gegen einen Eigentümer-Schuldner Wohngeldvorschüsse vor Konkurseröffnung fällig (also z.B. aufgrund getroffener Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung, beschlossener Wirtschaftspläne oder auch Sonderumlagen), handelt es sich um einfache Konkursforderungen nach Konkurseröffnung (nicht also um bevorzugt/vorrangig zu behandelnde Masseschulden).

Nicht einig gehe ich allerdings mit der Begründungspassage des OLG: "Dass der Beschluss über die Abrechnung für das Jahr ... wohl erst nach Konkurseröffnung gefasst wurde, ändert daran nichts...". Hier verkennt die Entscheidung die Problematik der nachfolgenden Rechtsprechung des BGH (des V. Zivilsenats) zur sog. Abrechnungsspitze. Zumindest auf diese Rechtsprechung hätte das OLG Stuttgart kurz hinweisen müssen, selbst wenn sich im vorliegenden Fall u.U. rechnerisch nach Genehmigung der betreffenden Einzelabrechnung keine eigene "neue Abrechnungsspitzen-Schuld" ergeben haben sollte (aus dem veröffentlichten Sachverhalt nicht erkennbar). Ein verbleibendes Wohngeld-Vorauszahlungssoll vor Konkurseröffnung ist also einem Rechtsnachfolger nach verfestigter BGH-Rechtsprechung nicht anzulasten; hier verbleibt es also allein bei der Schuld des Voreigentümers bzw. bei einer nicht bevorrechtigten einfachen Konkursforderung. Fatale Konsequenz für die restliche Gemeinschaft ist es in diesem Fall, endgültige Zahlungsausfälle selbst anteilig übernehmen zu müssen (ggf. über nachfolgende Sonderumlagebeschlussfassung, dann allerdings wieder mit anteiliger Mithaftung des Konkursverwalters im Sinne einer bevorrechtigten Masseschuld, wenn die Sonderumlage nach Konkurseröffnung beschlossen wurde, leider derzeit in der Literatur vereinzelt bestritten). Gleiches gilt m.E. für eine etwaige, die Wohngeldvorauszahlungsschuld übersteigende Nachforderung nach Beschlussgenehmigung eines Abrechnungspakets (Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen) nach Konkurseröffnung, also die erwähnte Abrechnungsspitze. Auch diese wäre aus meiner Sicht kraft nachfolgender Zahlungsfälligkeit bevorzugt aus der Masse an die Gemeinschaft zu bezahlen (in der Fachliteratur derzeit ebenfalls noch heftig umstrittene Frage). Es kann hier also nicht auf den Entstehungszeitpunkt irgendwelcher abzurechnender Forderungen gegen die Gemeinschaft ankommen, sondern allein auf Ausgleichs- und Zahlungsfälligkeiten im Innenverhältnis der Gemeinschaft (i.d.R. durch entsprechende Beschlussfassungen). Nach heutiger Insolvenzordnung besteht die gleiche Problematik.

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