Rz. 1
Am 22.9.2022 trat im Kosovo ein neues IPR in Kraft (IPR 2022). Im Bereich des internationalen Erbrechts übernimmt dieses Gesetz im Wesentlichen die Vorschriften der EuErbVO vom 4.7.2012. Daher gilt auch nun im Kosovo, dass die Erbfolge dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Art. 53 IPR 2022. Der Erblasser kann gem. Art. 54 IPR 1922 die Erbfolge durch Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen dem Recht eines der Staaten unterstellen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Für die materielle Wirksamkeit von Testamenten gilt gem. Art. 56 IPR 2022 und für die materielle Wirksamkeit und Bindungswirkung von Erbverträgen gem. Art. 57 IPR 2022 ein Errichtungsstatut wie nach Art. 24 und 25 EuErbVO. Für die Formwirksamkeit von Testamenten werden in Art. 58 IPR 2022 die Anknüpfungen aus dem Haager Testamentsformübereinkommen inkorporiert. Für die Auslegung dieser Regeln verweist Art. 61 IPR 1922 ausdrücklich auf die Auslegung der EuErbVO.
Rz. 2
Für die vor dem Inkrafttreten des IPR 2022 eingetretenen Erbfälle enthielt das Erbgesetz des Kosovo vom 4.2.2005 (kosvErbG) in den Art. 146 ff. die einschlägigen Kollisionsnormen.
Ausgehend vom Grundsatz der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit unterlag gem. Art. 147 kosvErbG die Erbfolge nach einem ausländischen Staatsangehörigen dem ausländischen Heimatrecht zum Zeitpunkt seines Todes. Art. 146 Abs. 1 kosvErbG bestimmt die Geltung das Erbrecht des Kosovo für alle Kosovaren, die zum Zeitpunkt ihres Todes ihren Wohnsitz im Kosovo hatten, unabhängig vom Ort des Todes und von der Belegenheit ihres Vermögens. Haben diese Personen keinen Aufenthalt im Kosovo, so konnten sie gem. Art. 146 Abs. 2 kosvErbG im Testament zugunsten des im Aufenthaltsland geltenden Erbrechts optieren. Daraus ergibt sich m.E. im Umkehrschluss die Geltung des Erbrechts des Kosovo für im Ausland lebende Kosovaren, sofern diese nicht das Recht des ausländischen Aufenthaltsstaates gewählt hatten.
Rz. 3
An das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961 sowie das Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973, welche vom ehemaligen Jugoslawien ratifiziert worden waren und in sämtlichen Nachfolgestaaten der Jugoslawischen Föderation weiterhin beachtet werden, hält man sich im Kosovo gem. Art. 145 der kosovarischen Verfassung gebunden. Die besondere Form des Internationalen Testaments wird auch im kosvErbG nicht erwähnt. Für die Rechtsanwendung in Bezug auf die Formwirksamkeit eines Testaments enthält Art. 148 kosvErbG allerdings die reiche Anknüpfungspalette und weitere Bestimmungen des Testamentsformübereinkommens. Insoweit kann man daher im Ergebnis von der weiteren Anwendung der Regelungen des Haager Abkommens ausgehen.