Leitsatz
Die Parteien einer aktienrechtlichen Beschlussmängelklage - Anfechtungskläger und Gesellschaft - hatten sich außergerichtlich verglichen, die Gesellschaft hatte sich - wie in diesen Fällen üblich - verpflichtet, die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Anfechtungskläger zu übernehmen und im Gegenzug verpflichteten sich die Kläger, die Klage zurückzunehmen, was auch geschah. Dem Rechtsstreit waren aber in der Zwischenzeit auf Seiten der Kläger Nebenintervenienten beigetreten. Zu den Kosten der Nebenintervention verhielt sich der Vergleich nicht. Die Nebenintervenienten beantragten daher, der beklagten Gesellschaft auch die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Das OLG Frankfurt folgte dem gestützt auf § 101 Abs. 1 ZPO und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung einiger Obergerichte (OLG Köln, AG 2006, 590; OLG München, Konzern 2006, 74), legte gleichwohl die Sache dem BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung vor. Der BGH meinte nun, dass auf den Fall der streitgenössischen Nebenintervention, wie er wegen der Urteilswirkung nach § 248 Abs. 1 AktG hier gegeben sei, § 101 Abs. 1 ZPO und der dort normierte Grundsatz der Kostenparallelität keine Anwendung finde, sondern § 101 Abs. 2 ZPO in diesen Fällen "ausschließlich"§ 100 ZPO für anwendbar erkläre. Daraus folge, dass die Kostenentscheidung gegenüber dem Nebenintervenienten im Falle des Vergleichs der Hauptparteien vollkommen selbstständig und ohne Rücksicht auf die Kostenverteilung zwischen den Hauptparteien im Vergleich vorgenommen werden müsse. Danach sei im Falle der Klagrücknahme - wie hier - auf den Nebenintervenienten § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO anzuwenden mit der Folge, dass eine Kostenerstattung nicht in Betracht komme.
Hinweis
Seit einiger Zeit hat sich im Umfeld der aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen ein weiteres Geschäftsmodell entwickelt: Der Klage hängen sich im Wege der Nebenintervention weitere Aktionäre an. Der Aufwand ist gering, der Prozess wird durch die Hauptparteien und vor allem durch den Kläger auch im Interesse der Nebenintervenienten geführt. Es bedarf lediglich eines kurzen Schriftsatzes gem. § 70 ZPO. Zur Sache muss nicht argumentiert werden, der Nebenintervenient muss über keinerlei vertiefte Kenntnisse zum materiellen Recht, insbesondere zum Aktienrecht verfügen; dies nimmt der Kläger ihm ab.
Im Gegensatz dazu stehen die Aussichten, aufgrund erheblicher Streitwerte vom Erfolg der Anfechtungsklage zu profitieren; in diesem Falle sind der beklagten Gesellschaft auch die Kosten der Nebenintervention, insbesondere also die Anwaltshonorare der Nebenintervenienten aufzuerlegen. Da sich üblicherweise jeder Nebenintervenient eines eigenen Anwalts bedient, drohen hier ganz entscheidende Kostenrisiken für die Gesellschaften.
Überwiegend enden derartige Beschlussmängelstreitigkeiten aber mit einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich, in dem die Gesellschaft sich bereit erklärt, die Kosten des Verfahrens, insbesondere die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu übernehmen. Im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs verpflichtet sich der Kläger zur Klagrücknahme (so der Besprechungsfall), beim gerichtlichen Vergleich hat dieser sogleich auch prozessbeendende Wirkung. Ebenfalls typisch für diese Vergleiche ist, dass sie sich zu den Kosten der Nebenintervention nicht verhalten. Die Nebenintervenienten stellen daher beim Prozessgericht Kostenantrag.
Die Kosten der (einfachen) Nebenintervention regelt § 101 ZPO: Danach gilt der Grundsatz der Kostenparallelität, d.h. der unterlegene Gegner hat auch die Kosten der Nebenintervention in dem gleichen Umfange zu tragen, wie ihm die Kosten der Hauptpartei nach §§ 91ff ZPO auferlegt werden. Für die Kostentragung der streitgenössischen Nebenintervention i.S.d. § 69 ZPO enthält § 101 Abs. 2 ZPO jedoch eine Sonderregelung gegenüber § 101 Abs. 1 ZPO zunächst für den Fall des Unterliegens der Hauptpartei: Hier gilt § 100 ZPO und die - i.d.R. kopfteilige (§ 100 Abs. 1 ZPO) - Haftung von Hauptpartei und Nebenintervenient.
Nicht ausdrücklich geregelt ist nach dem Wortlaut des § 101 ZPO der Fall der vergleichsweisen Erledigung und Kostenübernahme ohne Einbeziehung des Nebenintervenienten. Die obergerichtliche Rechtsprechung verfolgte hier bisher den Grundsatz der Kostenparallelität des § 101 Abs. 1 ZPO und gab damit dem Geschäftsmodell der Nebenintervention Nahrung. Dem hat der BGH nun einen Riegel vorgeschoben: Er erklärt, dass grundsätzlich im Fall der streitgenössischen Nebenintervention § 101 Abs. 2 ZPO einschlägig ist und damit über die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten eigenständig zu entscheiden ist. Im Falle der Klagrücknahme führt das direkt zu § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO und den dort angeordneten Kostenfolgen.
Die Entscheidung ist uneingeschränkt zu begrüßen, da sie jedenfalls der der Aktienkultur abträgliche Trittbrettfahrerei ein weitgehendes Ende bereitet. Im Vertrauen auf die bisherige Spruchpraxis einiger Obergerichte wird es noch zahlrei...