Leitsatz

Das unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen kann wegen der Kosten des Umgangsrechts gemindert werden, wenn die notwendigen Kosten nicht aus den Mitteln bestritten werden können, die ihm über dem notwendigen Selbstbehalt verbleiben.

Zum unberechtigten Vorwurf sexuellen Missbrauchs und zur Vereitelung des Umgangs als Verwirkungstatbestand i.S.d. § 1579 BGB.

 

Sachverhalt

Die Anfang 2004 rechtskräftig geschiedenen Parteien stritten um die Höhe des von dem Ehemann zu zahlenden Kindes- und Geschiedenenunterhalts. Die im Jahre 2000 geborene gemeinsame Tochter der Parteien trat in diesem Verfahren als Klägerin zu 1), die geschiedene Ehefrau als Klägerin zu 2) auf.

Der Beklagte ist Krankenpfleger, die Klägerin zu 2) ist Krankenschwester, als solche jedoch nicht berufstätig. Der Beklagte wohnt in einer Wohnung in einem Haus, dessen hälftiger Miteigentümer er ist.

Durch Urteil des Amtsgerichts Lübeck - Familiengericht - ist der Beklagte zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. 135 % des Regelbetrages gem. § 1 der Regelbetragsverordnung für die jeweilige Altersstufe abzüglich des anrechenbaren Kindergeldes verurteilt worden. Ferner wurde er verurteilt, an seine geschiedene Ehefrau monatlichen Unterhalt in Höhe von 746,00 EUR zu zahlen. Das Urteil wird von dem Beklagten mit der Berufung angegriffen. Zu deren Begründung führt er an, das erstinstanzliche Gericht habe den Pkw-Kredit zu Unrecht nicht berücksichtigt, er habe bei seiner Unterhaltsberechnung Fahrtkosten nicht geltend gemacht, die Berücksichtigung des Kredits habe daher zu erfolgen. Er ist auf den Pkw angewiesen, da er auch in Nachtschichten und an den Wochenenden arbeite. Darüber hinaus habe das erstinstanzliche Gericht den Quadratmeterpreis der Eigentumswohnung geschätzt, obwohl alle Voraussetzungen für eine Schätzung fehlten.

Hinsichtlich des Ehegattenunterhalts sei zur Verwirkung nach § 1579 vorgetragen worden, dass die einstweilige Verfügung aus dem Jahre 2004 nicht beachtet worden sei. Die Klägerin zu 2) habe jahrelang - auch noch vor dem OLG Schleswig - behauptet, er begehe sexuellen Missbrauch an der gemeinsamen Tochter. Darüber hinaus habe die Klägerin zu 2) durch ihre diversen Absagen insgesamt 860,38 EUR an Fahrtkosten verursacht, ohne dass er die gemeinsame Tochter habe sehen können.

Er verfolgt in der Berufungsinstanz seinen Klageabweisungsantrag weiter und hatte hiermit teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

Die geschiedene Ehefrau hat gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB, da sie die gemeinsame minderjährige Tochter der Parteien betreut, die erst 5 Jahre alt ist, so dass die geschiedene Ehefrau noch keine Obliegenheit trifft, eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben.

Die monatlichen Kreditraten für die Anschaffung des Pkws können nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht berücksichtigt werden, da sie die tatsächlich entstehenden Fahrtkosten erheblich übersteigen. Der Beklagte hat nur vier Kilometer insgesamt pro Arbeitstag zurückzulegen. Der Pkw wird daher im wesentlichen nicht berufsbedingt benutzt. Aufgrund dessen können lediglich Fahrtkosten in Höhe von 20,80 EUR (240 × 4 × 0,26 : 12) berücksichtigt werden.

Die Annahme eines Wohnvorteils aufseiten des Beklagten hält der Senat für nicht gerechtfertigt. Die Hauslasten betragen monatlich 419,04 EUR. Die von ihm bewohnte Wohnfläche beträgt einschließlich der Flurflächen 98,38 qm. Eine höhere Kaltmiete als 4,26 EUR/qm kann nach Auffassung des Senats auch wegen der Lage des Hauses außerhalb des Ortes nicht zugrunde gelegt werden.

Hinsichtlich der Kosten der Ausübung des Umgangsrechts mit der gemeinsamen minderjährigen Tochter der Parteien vertritt der Senat in Anlehnung an die neueste Rechtsprechung des BGH (BGH in FamRZ 2005, 706 ff.) die Auffassung, die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind könnten dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über dem notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.

Der Senat hält hier eine Reduzierung des unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens des Beklagten wegen der anfallenden Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts in Höhe von 100,00 EUR für angemessen.

Eine Verwirkung des Anspruchs der geschiedenen Ehefrau auf Ehegattenunterhalt kam nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 1579 Nr. BGB i.V.m. § 187 StGB liegen nicht vor.

Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs war eingestellt worden. Nach dem Gutachten des Sachverständigen gab es keinerlei Hinweis auf sexuellen Missbrauch der Tochter durch den Beklagten. Gleichwohl sei aus den Ausführungen des Sachverständigen nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei ihrem Vorwurf insoweit wider besseres Wissen handelte.

Tats...

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