1 Leitsatz
Ein Interessengegensatz im Sinne von § 50 WEG muss sich aus dem konkreten Anfechtungsverfahren ergeben.
2 Normenkette
WEG § 50
3 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 16.12.2019, 2-13 T 93/19
4 Sachverhalt
Verwalter V beauftragt Rechtsanwalt R1 mit der Verteidigung der Wohnungseigentümer gegen eine Anfechtungsklage von Wohnungseigentümer K. R1 weigert sich allerdings mit Blick auf andere Anfechtungsklagen, Wohnungseigentümer X zu verteidigen. X beauftragt daher Rechtsanwalt R2. Die Anfechtungsklage wird abgewiesen. Das AG setzt die Kosten sämtlicher Prozessbevollmächtigten gegen K fest. Es sieht den Anwendungsbereich des § 50 WEG nicht als eröffnet an. Mit der Beschwerde rügt K, dass das AG ihm die Kosten von R2 festgesetzt hat.
5 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Die Voraussetzungen des § 50 WEG liegen nach Ansicht des Landgerichts (LG) vor. Eine Mehrfachvertretung sei nicht geboten gewesen. Dass die Beauftragung des R2 ihre Ursache darin habe, dass R1 im Hinblick auf parallele Anfechtungsverfahren des X dessen Vertretung abgelehnt habe, ändere nichts. Zwar werde teilweise die Auffassung vertreten, dass im Fall eines durch andere Prozesse verursachten Interessengegensatzes eine Vertretung durch mehrere Rechtsanwälte im Sinne des § 50 WEG "geboten" sein könne. Dem sei aber nicht zu folgen. Denn der Grund läge dann in einem anderen Rechtsstreit. Diesen Fall erfasse § 50 WEG nicht.
Hinweis
Der Verwalter ist nach ganz h. M. berechtigt und auch verpflichtet, für jeden beklagten Wohnungseigentümer einer Anfechtungsklage jeweils einen Anwaltsvertrag zu schließen. Der Verwalter hat dabei für alle beklagten Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt auszusuchen. Denn nach § 50 WEG sind Wohnungseigentümern zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Das LG lehnt vertretbar eine erweiternde Auslegung des § 50 WEG ab. Seine Sichtweise hat zur Folge, dass der Verwalter einen Rechtsanwalt auswählen muss, der sämtliche beklagten Wohnungseigentümer vertreten kann. Geht der Verwalter anders vor, verletzt er seine Pflichten und schuldet Schadensersatz. Darauf hat das LG auch hingewiesen.
Verwalter fehlt oder bleibt untätig
Fehlt ein Verwalter, bleibt er untätig oder stellt das Gericht die Klage den beklagten Wohnungseigentümern zu, ist den beklagten Wohnungseigentümern in der Regel nicht zumutbar, sich binnen der gesetzlichen Fristen auf einen Rechtsanwalt zu verständigen. Tatsächlich wird man daher dann, wenn es keinen Verwalter gibt oder dieser als gesetzlicher Vertreter für jeden beklagten Wohnungseigentümer keinen individuellen Anwaltsvertrag geschlossen hat, den beklagten Wohnungseigentümern grundsätzlich nicht zumuten können, sich auf einen Rechtsanwalt zu verständigen. Eine Verständigung ist – kommt sie im Einzelfall, z. B. in kleinen Wohnungseigentumsanlagen zustande – im Übrigen nur vertraglich vorstellbar.