Leitsatz

  1. Kostenverteilungsänderung auch im Einzelfall (zur Genehmigung einer Jahresabrechnung und eines Wirtschaftsplans) bei vereinbarter Öffnungsklausel
  2. Kein Rechtsschutzbedürfnis eines unbeteiligten Miteigentümers für die Anfechtung eines Abmahnbeschlusses als Voraussetzung einer Entziehungsentscheidung
 

Normenkette

§§ 18 Abs. 2 Nr. 1, 23 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

  1. Eine in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vereinbarte Öffnungsklausel deckt nicht nur eine abstrakte, normähnliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für die Zukunft, sondern auch Regelungen, durch die im Einzelfall (Genehmigung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplanes) von dem in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Kostenverteilungsschlüssel abgewichen wird. Wird die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft durch Teilungserklärung auf eine an sich nur einer Vereinbarung zugängliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels erweitert, so erstreckt sich also diese Kompetenz umfassend auf Regelungen in dem durch die Öffnungsklausel genannten Sachbereich. Allerdings unterliegt ein solcher Beschluss denselben inhaltlichen Schranken wie eine inhaltlich entsprechende abstrakte Regelung für die Zukunft; damit ist eine Änderung nur zulässig, wenn sachliche Gründe vorliegen und einzelne Eigentümer aufgrund der Neuregelung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden (BGH NJW 1985, 2382; OLG Hamm v. 28.2.2000, 15 W 349/99, FGPrax 2000, 100). Die Entscheidung des OLG Düsseldorf (v. 26.3.2004, I-3 Wx 344/03, 3 Wx 344/03, NZM 2004, 467) hat sich mit dieser Problematik nicht beschäftigen müssen und steht deshalb dem Entscheidungsergebnis nicht entgegen.
  2. Ein Wohnungseigentümer hat kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Beschlussanfechtungsantrag, der sich gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung richtet, durch den gegenüber einem anderen Wohnungseigentümer eine Abmahnung wegen gemeinschaftswidrigen Verhaltens im Sinne des § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG ausgesprochen worden ist. Eine solche Abmahnung ermöglicht spätere Beschlussfassung über die Entziehung des Wohnungseigentums im Sinne des § 18 Abs. 1 und Abs. 3 WEG. Ein Beschluss über ein Veräußerungsverlangen ist im Verfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG nur darauf zu überprüfen, ob formelle Mängel vorliegen, nicht jedoch darauf, ob die Entziehung materiell gerechtfertigt ist. Denn eine Überprüfung der sachlichen Voraussetzungen des Veräußerungsverlangens ist dem Zivilprozess vorbehalten, in dem gem. § 51 WEG der Anspruch auf die Veräußerung geltend zu machen ist (BayObLG v. 4.3.1999, 2Z BR 20/99, NJW-RR 1999, 887; KG Berlin v. 22.12.1993, 24 W 875/93, NJW-RR 1994, 855; OLG Köln v. 23.12.1997, 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376; OLG Hamm v. 13.10.1989, 15 W 314/89, OLGZ 1990, 57). In einem solchen Zivilprozess ist deshalb auch darüber abschließend zu befinden, ob die Abmahnung zu Recht erteilt worden ist, dieser also ein gröblicher Pflichtverstoß des betreffenden Wohnungseigentümers zugrunde liegt. Dieser Zusammenhang spricht dafür, dass die Überprüfung der Abmahnungnicht anders gestaltet sein kann, als diejenige des Veräußerungsverlangens selbst nach § 18 Abs. 1 WEG (h.R.M.; a.A. OLG Düsseldorf v. 26.8.1991, 3 Wx 189/91, DWE 1995, 119). Abschließend ist hier diese Frage allerdings nicht zu entscheiden, da es bereits an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse des Dritteigentümers in diesem Punkt fehlt; er ist durch die erteilte Abmahnung persönlich nicht in seinen Rechten betroffen. Es handelt sich auch nicht um eine Verwaltungsmaßnahme, die allen Eigentümern gegenüber wirksam wird. Vielmehr beschränkt sich der Beschluss der Versammlung auf die Vorbereitung eines künftig möglicherweise geltend zu machenden Anspruchs gegen einen Miteigentümer nach § 18 WEG, wobei dem Beschluss der Versammlung über die formelle Erklärung einer Abmahnung hinaus keinerlei Bindungswirkung im Hinblick auf eine ggf. zu erfolgende Beschlussfassung über das Veräußerungsverlangen gem. § 18 Abs. 3 WEG noch im Hinblick auf die Feststellung der sachlichen Voraussetzungen einer Eigentumsentziehung zukommt.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 20.12.2004, 15 W 367/04OLG Hamm v. 20.12.2004, 15 W 367/04

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