Ivana Mikulic, Daniel Schön
Rz. 1
Für nach dem 16.8.2015 eingetretene Erbfälle gilt in Kroatien das nach den Regeln der EuErbVO bestimmte Recht. Zwar ist Kroatien erst nach der Verabschiedung der EuErbVO der EU beigetreten (mit Wirkung zum 1.7.2013). Der Betritt führt aber zur Übernahme des gesamten bestehenden Rechtsrahmens der EU (acquis communitaire) im Beitrittsstaat.
Rz. 2
Kroatische Gerichte sind demnach gem. Art. 4 EuErbVO zuständig, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien hatte. Kroatisches Erbrecht ist anzuwenden, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien hatte und nicht zulässigerweise eine anderweitige Rechtswahl getroffen hat, Art. 21 EuErbVO. Das Nachlassverfahren wird in Kroatien grundsätzlich im Auftrag der Gerichte von den Notaren betrieben, die auch das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) ausstellen.
Rz. 3
Von deutschen Nachlassgerichten ausgestellte ENZ sind nach Art. 69 Abs. 1 EuErbVO unmittelbar wirksam; in der Praxis werden entsprechende ENZ auch akzeptiert. Problematisch ist allerdings, dass deutsche Oberlandesgerichte die strittige Auffassung vertreten, dass Grundstücksdaten eines im Ausland belegenen Grundstücks nicht in das ENZ aufgenommen werden können. Diese Rechtsauffassung erschwert die Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle, obwohl Sinn und Zweck der Verordnung ist, den freien Verkehr von Personen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Erbfällen zu erleichtern. Die kroatischen Grundbuchämter weigerten sich in diesem Fall nämlich mitunter, Umschreibungen vorzunehmen, so dass in der Praxis letztlich doch wieder ein kroatisches Erbverfahren erforderlich wurde, obwohl nach der EuErbVO keine Zuständigkeit hierfür besteht. Hintergrund ist, dass im kroatischen Erbverfahren die Erbmasse konkret festgestellt wird und die Grundbuchämter daraufhin die Umschreibung veranlassen. Vor Erlass der genannten obergerichtlichen Entscheidungen haben deutsche Nachlassgerichte die Grundstücksdaten nach Art. 68 EuErbVO informatorisch aufgenommen und das kroatische Grundbuchamt, das eigenständig prüft, ob der Erblasser der Eigentümer war, hat dann die entsprechende Umschreibung veranlasst. Die Oberlandesgerichte München und Nürnberg haben die Verfahren nicht dem EuGH vorgelegt, so dass abzuwarten bleibt, welche Ansicht sich durchsetzen wird. Inzwischen zeichnet sich eine Lösung der Problematik durch eine europarechtsfreundliche Rechtsprechung der kroatischen Gerichte ab. Auch in Österreich, dessen Katasterrecht dem Kroatiens aus historischen Gründen stark ähnelt, hat der Oberste Gerichtshof aufgrund der deutschen Rechtsprechung entschieden, dass Erben bei Vorlage eines ENZ auch ohne konkrete Grundbuchangaben einzutragen sind. Zwei kroatische Landgerichte haben in diesem Sinne entschieden, dass die Grundbuchämter auch ohne konkrete Angaben zur Umschreibung aufgrund eines ENZ aus Deutschland verpflichtet sind, da diese Angaben aufgrund der hiesigen Rechtsprechung seitens des Erben nicht beigebracht werden können.
In der Praxis verlangen die kroatischen Stellen regelmäßig eine amtliche Übersetzung des ENZ in die kroatische Sprache, obwohl hierfür keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist.
Rz. 4
Vor Geltung der EuErbVO galt in Kroatien das Gesetz der ehemaligen Föderation Jugoslawien "zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten für bestimmte Verhältnisse" (IPRG) vom 15.7.1982, das durch Gesetz vom 8.10.1991 in das Recht der souveränen Republik Kroatien übernommen worden ist. Danach galt gem. Art. 30 Abs. 1 das Heimatrecht des Erblassers. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit des Erblassers war das Recht des Heimatstaates anzuwenden, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit hatte aber die kroatische stets Vorrang vor allen anderen, Art. 11 IPRG. Eine Rechtswahl kannte das kroatische Internationale Erbrecht nicht.
Rz. 5
Seit dem 29.1.2019 ist ein völlig neues und überarbeitetes IPR-Gesetz in Kraft, welches das alte Gesetz abgelöst hat. Mit dem neuen Gesetz wird auf die vielfältigen Änderungen von der Unabhängigkeit der Republik Kroatien bis hin zum Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union reagiert. Auf dem Gebiet des Erbrechts wird nunmehr in Art. 29 des neuen IPR-Gesetzes vollumfänglich auf die EuErbVO verwiesen und auf eigene nationale Regelungen verzichtet. Art. 30 IPRG verweist bezüglich der Formvorschriften von Testamenten auf das Haager Testamentsformübereinkommen (siehe hierzu Rdn 6).
Rz. 6
Das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961 gilt kraft ausdrücklicher Erklärung der Republik Kroatien über die Staatensukzession gegenüber dem niederländischen Außenministerium vom 5.4.1993 für Kroatien auch nach Erlangung der Unabhängigkeit fort. Seine kollisionsrechtlichen Vorschriften sind in Art. 30 IPRG inkorporiert. In gleicher Weise gilt auch das Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973 für Kroatien. Letzteres ist in die Ar...