Ivana Mikulic, Daniel Schön
Rz. 7
Das materielle Erbrecht ist in dem am 3.4.2003 in Kraft getretenen Erbgesetz enthalten, welches das noch aus dem Jahr 1955 stammende alte jugoslawische Bundesgesetz über das Erbrecht abgelöst hat. Da die jugoslawische Teilrepublik Kroatien während der Dauer der Zugehörigkeit zur SFR Jugoslawien von ihrer Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Erbrechts keinen Gebrauch gemacht hatte, hatte das einheitliche Bundesgesetz dort noch nach Erlangung der Souveränität bis zum Inkrafttreten des Gesetzes von 2003 fortgegolten. Das neue Gesetz ist erheblich moderner, ausführlicher und zieht den Übergang von der sozialistischen in eine moderne Gesellschaft nach. Eheliche und nichteheliche Kinder sind ebenso gleichgestellt wie eheliche und nichteheliche Lebenspartner.
Gem. Art. 2 Abs. 1 ErbG sind grundsätzlich alle natürlichen Personen in Bezug auf das Erbrecht gleichgestellt. Ausländische Staatsbürger sind kroatischen Staatsbürgern allerdings nur unter der Voraussetzung der Reziprozität gleichgestellt, wobei die Reziprozität vermutet wird, solange nichts anderes auf Antrag einer Person, die ein berechtigtes Interesse daran hat, festgestellt wird (Art. 2. Abs. 2 ErbG).
In Bezug auf den Erwerb von unbeweglichem Vermögen auf dem Gebiet der Republik Kroatien gibt es gesetzliche Einschränkungen für ausländische Staatsbürger, die auch für einen Erwerb von Todes wegen gelten. So können ausländische Staatsbürger grundsätzlich nicht Eigentum an unbeweglichem Vermögen erwerben, welches auf einem Gebiet zum Schutz besonderer Interessen und der Sicherheit der Republik Kroatien liegt (Art. 358 Abs. 1 des Gesetzes über Eigentum und andere dingliche Rechte). EU-Ausländer sind von diesen Einschränkungen gem. Art. 358a GEdR ausgenommen. Ausländische Staatsbürger erhalten in diesem Fall eine Entschädigung entsprechend den Bestimmungen, die für Enteignungen gelten (Art. 358 Abs. 3 GEdR).
Rz. 8
Die gesetzlichen Erben sind untergliedert in fünf Ordnungen, wobei die vorhergehende Ordnung die nachfolgende ausschließt. Gesetzliche Erben erster Ordnung sind gem. Art. 9 ErbG die Abkömmlinge des Erblassers sowie der Partner zu gleichen Teilen. Dabei stehen eheliche Kinder nichtehelichen vollständig gleich, Art. 21 ErbG. Auch der eheliche und der nichteheliche Lebenspartner sind gem. Art. 8 Abs. 2 ErbG gleichgestellt. Ist ein Kind vorverstorben, treten dessen Abkömmlinge in seinen Erbteil ein (Eintrittsrecht, Art. 10 ErbG). Hinterlässt es keine Abkömmlinge, so wächst sein Erbteil den anderen Erben an. Zur zweiten Ordnung gehören nach Art. 11–13 ErbG der Ehegatte, falls keine Kinder vorhanden sind, sowie die Eltern.
Rz. 9
Der leiblichen Abstammung rechtlich gleichgestellt ist die Abstammung aufgrund von Adoption. Es gelten also das gleiche Erbrecht für adoptierte Kinder und das Erbrecht der Annehmenden bzw. dessen Verwandten nach dem Tod des Angenommenen. Das gegenseitige Erbrecht zwischen dem Angenommenen und seinen leiblichen Verwandten dagegen erlischt mit der Adoption. Grund hierfür ist, dass das kroatische Recht seit dem Familiengesetz 2003 ausschließlich die Adoption mit starken Wirkungen kennt. Kennzeichen dieser einheitlichen Form der Adoption ist deren Unauflösbarkeit, Art. 197 Abs. 1 FamG. Abweichende Regeln gelten aber für die sog. schwache Adoption, die nach dem vor 2003 geltenden Recht möglich war.
Rz. 10
Der Ehegatte erbt mit den Kindern zu gleichen Teilen. Die früher bestehenden – und teilweise noch in anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten fortbestehenden – Vorschriften über eine Erhöhung bzw. Minderung des Ehegattenerbrechts in bestimmten Konstellationen sind abgeschafft worden. Eine erbrechtliche Lösung der Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten kennt das kroatische Recht nicht; die Vermögensauseinandersetzung kann aber separat verlangt werden. Schlagen sämtliche Abkömmlinge des Erblassers die Erbschaft aus, so wird der Ehegatte des Erblassers gesetzlicher Alleinerbe, Art. 130 Abs. 5 ErbG.
Rz. 11
Das kroatische Familienrecht kennt auch die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Partner. Der eingetragene Partner ist nach Art. 55 LebenspartG in erbrechtlicher Hinsicht einem Ehegatten gleichgestellt. Kinder, über die ein Lebenspartner das Sorgerecht ausübt, sind ebenfalls erbberechtigt.
Rz. 12
Das gesetzliche Ehegattenerbrecht erlischt gem. Art. 25 Abs. 2 ErbG, sobald der Erblasser einen Scheidungsantrag bei Gericht gestellt hat und nach Eintritt des Erbfalls vom Gericht festgestellt wurde, dass dieser Antrag begründet war. Dem steht gleich, dass die Ehe nach dem Erbfall aus Gründen annulliert wurde, die dem überlebenden Ehegatten bekannt waren. Darüber hinaus erlischt das gesetzliche Ehegattenerbrecht bereits, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt des Erbfalls faktisch dauerhaft beendet war, sei es aufgrund Verschuldens des überlebenden Ehegatten oder aber aufgrund gemeinschaftlichen Einvernehmens der Eheleute, Art. 25 Abs. 2 ErbG.
Rz. 13
Der überlebende Ehegatte und...