Ivana Mikulic, Daniel Schön
I. Scheidungsgründe
Rz. 39
Das kroatische Recht kennt drei Scheidungsgründe: Eine Ehe wird gerichtlich geschieden, wenn das Gericht entweder feststellt, dass die ehelichen Beziehungen schwer und dauerhaft zerrüttet sind, oder dass seit Beendigung der ehelichen Gemeinschaft ein Jahr vergangen ist, oder wenn beide Ehegatten einvernehmlich die Scheidung beantragen (Art. 51 FamG). Es ist ausreichend, wenn eine dieser Voraussetzungen separat vorliegt. Ein obligatorisches Trennungsjahr ist daher nicht einzuhalten. An das Merkmal der "schweren und dauerhaften Zerrüttung" stellt das Gesetz keine hohen Anforderungen. Eine solche liegt dann vor, wenn die Eheleute die Fähigkeit zum Erhalt harmonischer Beziehungen verloren haben. Die Feststellung kann durch das Gericht aufgrund objektiver Manifestationen, wie z.B. unfreundlicher Umgang miteinander oder räumliche Trennung, relativ einfach erfolgen. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, die Ursachen des Scheiterns der Ehe zu erläutern. Die ehelichen Verhältnisse sind schwer gestört, wenn zwischen Mann und Frau keine Nähe mehr besteht, wenn also die Krise im gemeinsamen Leben überhandgenommen hat. Sie sind dauerhaft gestört, wenn die Krisensituation anhält und die Eheleute nichts unternehmen, um die Ehe zu erhalten.
II. Scheidungsverfahren
Rz. 40
Das Scheidungsverfahren kann nach kroatischem Recht von beiden Eheleuten einvernehmlich oder auch von einem Ehegatten eingeleitet werden (Art. 50 Abs. 1 FamG). Auch ein Geschäftsunfähiger kann die Scheidung beantragen (Art. 50 Abs. 2 FamG). Die Scheidung kann jedoch während der Schwangerschaft und bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes vom Mann nicht beantragt werden (Art. 50 Abs. 3 FamG). Des Weiteren sieht das FamG ein zweistufiges Beratungs- und Mediationsverfahren vor, das vor dem gerichtlichen Scheidungsverfahren bei Vorhandensein gemeinsamer sorgeberechtigter Kinder zwingend durchzuführen ist. Es ersetzt das vorher geltende Vermittlungsverfahren. Das Beratungsverfahren ist in bestimmten gesetzlich vorgeschriebenen Fällen verpflichtend, während das Mediationsverfahren grundsätzlich freiwillig ist (Art. 320 FamG).
Rz. 41
Gem. Art. 54 Abs. 1 FamG müssen Eheleute, die (mindestens) ein gemeinsames minderjähriges Kind haben, vor Einleitung des Scheidungsverfahrens eine verpflichtende Beratung in Anspruch nehmen. Die verpflichtende Beratung wird nicht durchgeführt, wenn beide oder einer der Ehegatten geschäftsunfähig ist und die Bedeutung und Folgen des Verfahrens nicht verstehen kann, kein Urteilsvermögen hat, oder wenn der Aufenthalt unbekannt ist (Art. 326 FamG).
Rz. 42
Die verpflichtende Beratung wird beim Zentrum für Sozialfürsorge durchgeführt. Ziel ist es, dass die Eltern eine Einigung über den gemeinsamen Sorgerechtsplan erzielen. Kommt keine Einigung zwischen den Eheleuten zustande, sind sie gem. Art. 54 Abs. 3 FamG verpflichtet, an einem ersten Beratungstermin der Mediation teilzunehmen. Befreit von dieser Verpflichtung sind die Eheleute in den oben genannten Ausnahmefällen sowie für den Fall, wenn aufgrund von Gewalt in der Ehe keine gleichberechtigte Teilnahme der Eheleute am Mediationsverfahren möglich ist (Art. 332 FamG). Der Ehepartner, der nicht an diesem Mediationstermin teilnimmt, darf keinen Scheidungsantrag stellen (Art. 54 Abs. 4 FamG).
Wird weder in der verpflichtenden Beratung noch im Mediationsverfahren eine Einigung erzielt, entscheidet das Gericht im Scheidungsverfahren von Amts wegen über den Aufenthalt des Kindes, das Sorgerecht, den Umgang und den Kindesunterhalt (Art. 53 FamG).
III. Fälle mit Kroatienbezug vor deutschen Gerichten
Rz. 43
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich in Deutschland bei Ehen zwischen Ausländern die materiellen Scheidungsvoraussetzungen ausnahmsweise nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute bestimmen können (z.B. im Falle einer Rechtswahl nach Art. 5 EuScheidungsVO oder falls nach Art. 8c EuScheidungsVO das Recht des Heimatstaates zur Anwendung kommt). Eine Scheidung von kroatischen Staatsbürgern nach kroatischem Recht ist daher in Deutschland möglich. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, ob auch bei einem Scheidungsverfahren nach kroatischem Recht vor einem deutschen Gericht das Beratungsverfahren (vgl. Rdn 40 ff.) durchzuführen ist. Die Rechtsprechung hat dies bezüglich des früheren Vermittlungsverfahrens zutreffend verneint. Die in ausländischen Gesetzen vorgeschriebenen Sühneversuche seien grundsätzlich Fragen des Verfahrensrechts und nicht der materiellen Scheidungsvoraussetzungen. Es handle sich nach Wortlaut, Sinn und Zweck um eine Verfahrensvorschrift,...