Ivana Mikulic, Daniel Schön
I. Allgemeine Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Testaments
Rz. 22
Die Testierfähigkeit tritt gem. Art. 26 Abs. 1 ErbG mit Vollendung des 16. Lebensjahres ein, vorausgesetzt, der Testator ist fähig, ein unabhängiges eigenes Urteil zu bilden. Verfügungen von Todes wegen sind ausschließlich als testamentarische und jederzeit widerrufliche Verfügungen möglich.
Rz. 23
Die Wirksamkeit gemeinschaftlicher Testamente ist nicht eindeutig gesetzlich geregelt. Das kroatische Erbrecht kennt kein gemeinschaftliches Testament. Erbverträge und Verträge über ein künftiges Erbe sind nach Art. 102, 103 ErbG verboten. Daraus ergibt sich, dass das kroatische Erbrecht vertragliche oder vertragsähnliche Bindungen untersagt, um die absolute Verfügungsfreiheit zu gewährleisten. Gemeinschaftliche Testamente sind daher jedenfalls immer dann unwirksam, wenn wechselbezügliche Verfügungen vorliegen. Jede inhaltliche Verknüpfung der Verfügung führt zur Unwirksamkeit, was etwa bei einer wechselbezüglichen Einsetzung immer der Fall ist.
Rz. 24
Hingegen können rechtlich voneinander unabhängige Verfügungen von Todes wegen auch nach kroatischem Recht – soweit dann jeder der Testierenden sämtliche Formerfordernisse einhält – in einer einzigen Urkunde zusammengefasst errichtet werden. In diesem Fall handelt es sich nämlich nicht um eine Umgehung des Beschränkungsverbots, sondern um eine Frage der Einhaltung von Formvorschriften.
Rz. 25
Mängel bei der Errichtung des Testaments werden vom Nachlassgericht von Amts wegen nur dann geprüft, wenn sie die Nichtigkeit des Testaments zur Folge haben. Darunter fallen beispielsweise die fehlende Testierfähigkeit, die fehlende Ausdrücklichkeit, die fehlende Höchstpersönlichkeit und der fehlender Testierwille. Bei der für das Vorliegen der Testierfähigkeit notwendigen Urteilsfähigkeit wird vermutet, dass der Erblasser diese besitzt, solange nicht das Gegenteil bewiesen wird, Art. 26 Abs. 2 S. 2 ErbG. Formverstöße führen dagegen nicht zur Nichtigkeit des Testaments, sondern lediglich zu dessen Anfechtbarkeit, Art. 29 Abs. 3 ErbG. Das Testament ist zudem anfechtbar, wenn es unter Drohung oder Gewalt errichtet worden ist, oder wenn der Ersteller des Testaments getäuscht wurde oder sich in einem Irrtum befand, Art. 27 ErbG. In beiden Fällen kann die Anfechtung nur von Personen beantragt werden, die ein rechtliches Interesse hieran haben, und zwar innerhalb einer Frist von einem Jahr ab Kenntnis des Testaments (Art. 29 Abs. 3 ErbG) bzw. ab Kenntnis der Umstände (Art. 28 Abs. 1 ErbG), frühestens jedoch ab Eröffnung des Testaments. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Eröffnung des Testaments zehn Jahre verstrichen sind, bzw. im Fall von Drohung, Gewalt, Irrtum oder Täuschung zwanzig Jahre gegenüber der Person, die die Willensmängel beim Testator verursacht hat oder Kenntnis über diese hatte oder haben musste (Art. 28 Abs. 3 ErbG). Entsteht über die Wirksamkeit oder den Inhalt des Testaments Streit zwischen den Beteiligten, so ist das Nachlassverfahren auszusetzen und der Streit vor dem Prozessgericht zu klären, Art. 222 ErbG.
Rz. 26
Ein Testament kann gem. Art. 64 ErbG jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden, sei es durch ausdrücklichen Widerruf in testamentarischer Form, durch Zerstörung des alten Testaments mit animus revocandi, durch Errichtung einer neuen widersprechenden Verfügung oder auch durch Zerstörung oder Veräußerung des Gegenstands, auf den sich die letztwillige Verfügung bezieht. Schließlich gelten gem. Art. 67 ErbG testamentarische Verfügungen zugunsten des Ehepartners als widerrufen, wenn die Ehe durch rechtskräftiges Urteil geschieden wurde, es sein denn, der Testator hat testamentarisch ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Diese gesetzliche Vermutung gilt seit dem 1.11.2015 wohl auch für den nichtehelichen Lebenspartner, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft dauerhaft beendet wurde.