Ivana Mikulic, Daniel Schön
Rz. 49
Der Pflichtteil gewährt dem übergangenen Pflichtteilsberechtigten nach kroatischem Recht eine unmittelbare dingliche Beteiligung in Höhe der Noterbquote am Nachlass, Art. 70 Abs. 1 ErbG. Ist der Nachlass bereits verwertet, so ergibt sich bei Geltendmachung vor deutschen Gerichten ein unmittelbarer Zahlungsanspruch.
Rz. 50
Zu den sog. absoluten Pflichtteilsberechtigten gehören die Personen, denen stets ein Pflichtteil zusteht. Dies sind die Kinder und die anderen leiblichen sowie die adoptierten Abkömmlinge des Erblassers, sein (vom Erblasser nicht faktisch getrennt lebender, siehe Rdn 12) Ehegatte und schließlich auch der Partner aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (siehe Rdn 15). Der Pflichtteil dieser Personen erstreckt sich auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, Art. 70 Abs. 3 ErbG. Ebenso pflichtteilsberechtigt ist der eingetragene oder nicht eingetragene gesetzlich anerkannte gleichgeschlechtliche Lebenspartner (siehe Rdn 17).
Rz. 51
Die Eltern und die weiteren Vorfahren des Erblassers, einschließlich der Adoptiveltern, gehören nach Einführung des neuen Erbgesetzes im Jahr 2003 nicht mehr allgemein zu den Pflichtteilsberechtigten, Art. 69 Abs. 2 ErbG. Selbst wenn sie zur gesetzlichen Erbfolge berufen wären, können sie Pflichtteilsrechte nur dann geltend machen, wenn sie arbeitsunfähig und bedürftig sind (relative Noterben). Der Pflichtteil der Aszendenten beträgt gem. Art. 70 Abs. 3 ErbG dann ein Drittel des gesetzlichen Erbteils.
Rz. 52
Scheidet ein Pflichtteilsberechtigter kraft Ausschlagung oder aus anderem Grunde aus, wächst sein Anteil den anderen Pflichtteilsberechtigen nicht zu.
Rz. 53
Der Ehegatte sowie die mit dem Erblasser gemeinsam lebenden Abkömmlinge erhalten den zur Befriedigung der täglichen Bedürfnisse dienenden Hausrat – soweit dieser nicht erheblichen Wert hat – als gesetzlichen Voraus, ohne dass dieser bei der Berechnung des Pflichtteils einbezogen oder angerechnet wird, Art. 76 ErbG. Auch können Abkömmlinge, die mit dem Erblasser gemeinsam gelebt oder gewirtschaftet haben, vorab einen Ausgleich für den Wert verlangen, um den ihre (Mit-)Arbeit das Vermögen des Erblassers erhöht hat, Art. 75 ErbG.
Rz. 54
Zur Berechnung des Pflichtteils werden dem Nachlass ohne zeitliche Befristung sämtliche lebzeitigen Geschenke des Erblassers an einen der gesetzlichen Erben zugerechnet, und zwar auch dann, wenn der Empfänger die Erbschaft ausgeschlagen hat, Art. 71 Abs. 1 Nr. 3 ErbG. Geschenke an eine Person, die nicht zu den gesetzlichen Erben gehört, unterliegen der Pflichtteilsergänzung, wenn die Schenkung innerhalb eines Jahres vor dem Erbfall erfolgte, Art. 71 Abs. 1 Nr. 4 ErbG.
Rz. 55
Gehen die testamentarischen Verfügungen des Erblassers über den Teil des Nachlasses hinaus, der nicht von den Pflichtteilen der Noterben erfasst wird – überschreitet er also die sog. verfügbare Quote –, so können die Pflichtteilsberechtigten durch entsprechende Erklärung die testamentarischen Verfügungen anfechten, soweit diese ihren Pflichtteil verletzen, Art. 78 ErbG. Der Erblasser hat die Möglichkeit, testamentarisch zu bestimmen, dass die Pflichtteilsberechtigten ihren Pflichtteil in Form von bestimmten Gegenständen, Rechten oder Geld erhalten, Art. 70 Abs. 4 ErbG. Sollte der Wert dessen für die Befriedigung des Pflichtteils jedoch nicht ausreichen, haben die Pflichtteilsberechtigten Anspruch auf weitere Werte aus dem Nachlassvermögen bis zur errechneten Höhe ihres Pflichtteils.
Rz. 56
Hat der Erblasser bereits mit den Schenkungen unter Lebenden die pflichtteilsfreie verfügbare Quote überschritten, so genügt die vollständige Reduzierung der testamentarischen Verfügungen nicht, um die Pflichtteile der Noterben wiederherzustellen. In diesem Fall müssen diese dann also auch die lebzeitigen Schenkungen des Erblassers anfechten. Hierbei wird in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge verfahren, so dass die vor dem Tode als zeitlich letzte erfolgte Schenkung als erste angegriffen wird, Art. 81 ErbG.
Rz. 57
Eine Entziehung des Pflichtteils ist durch ausdrückliche testamentarische Anordnung möglich, wenn der Noterbe eine schwerwiegende rechtliche oder moralische Verfehlung wider den Erblasser begangen hat (vgl. Rdn 40).
Rz. 58
Die Geltendmachung des Pflichtteils erfolgt regelmäßig im Rahmen des Nachlassverfahrens. Das Pflichtteilsrecht verjährt in drei Jahren seit Eröffnung des Testaments. Bei beeinträchtigenden Schenkungen beginnt die Verjährung mit dem Tod des Erblassers, Art. 84 ErbG. Wenn der Testamentserbe das Noterbrecht nicht anerkennt, so sind die Erhebung einer Herabsetzungsklage und die Entscheidung über das Pflichtteilsrecht im streitigen Zivilverfahren erforderlich. Antrag und Tenor sind dann auf die Feststellung der Verletzung des Pflichtteilsrechts durch das Testament und Herabsetzung der Erbverfügung um den Pflichtteil gegenüber den Miterben gerichtet.
Rz. 59
Der vertragliche Verzicht auf den Pflichtteil zu Lebzeiten des Erblassers fällt unter das Verbot der Erbverträge. Allerdings ergi...