Rz. 43

In diesem Zusammenhang[44] ist darauf hinzuweisen, dass sich in Deutschland bei Ehen zwischen Ausländern die materiellen Scheidungsvoraussetzungen ausnahmsweise nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute bestimmen können (z.B. im Falle einer Rechtswahl nach Art. 5 EuScheidungsVO oder falls nach Art. 8c EuScheidungsVO das Recht des Heimatstaates zur Anwendung kommt).[45] Eine Scheidung von kroatischen Staatsbürgern nach kroatischem Recht ist daher in Deutschland möglich. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, ob auch bei einem Scheidungsverfahren nach kroatischem Recht vor einem deutschen Gericht das Beratungsverfahren (vgl. Rdn 40 ff.) durchzuführen ist. Die Rechtsprechung hat dies bezüglich des früheren Vermittlungsverfahrens zutreffend verneint. Die in ausländischen Gesetzen vorgeschriebenen Sühneversuche seien grundsätzlich Fragen des Verfahrensrechts und nicht der materiellen Scheidungsvoraussetzungen.[46] Es handle sich nach Wortlaut, Sinn und Zweck um eine Verfahrensvorschrift, da die deutsche Zuständigkeit ins Leere liefe, wenn ein Vermittlungsverfahren durchzuführen wäre, weil dann deutsche Gerichte in Ermangelung eines zuständigen kroatischen Zentrums für Sozialfürsorge eine Scheidung solcher Ehen in Deutschland gar nicht aussprechen könnten. Nach der Reform dieses Verfahrens hin zu einem Beratungsverfahren, das einzig das Kindeswohl im Blick hat, dürfte dies umso mehr gelten, da sich für Fragen betreffend eines Kindes ohnehin Zuständigkeit und anwendbares Recht grundsätzlich nach dem Aufenthaltsstaat richten (vgl. u.a. Art. 15 KSÜ).[47]

 

Rz. 44

Im Rahmen der Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft ist darauf hinzuweisen, dass die deutsche Rechtsprechung hier einen Auskunftsanspruch nach deutschem Recht zubilligt, obwohl das kroatische Recht diesen nicht kennt. Die Notwendigkeit dieses Anspruchs ergibt sich daraus, dass in Kroatien bei der Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft der Amtsermittlungsgrundsatz gilt und das Gericht daher von Amts wegen alle Informationen einholt, während es sich vor deutschen Gerichten um ein ZPO-Verfahren handelt. Damit die Möglichkeit, vor einem deutschen Gericht in Anwendung kroatischen Güterrechts das Vermögen auseinanderzusetzen, nicht ins Leere läuft und ohnehin deutsches Verfahrensrecht zur Anwendung kommt, steht den Ehegatten daher ein entsprechender Auskunftsanspruch in Bezug auf das Ehevermögen zu.[48]

[44] An dieser Stelle werden Fälle mit Kroatienbezug vor deutschen Gerichten behandelt. In Kroatien erlassene Scheidungsurteile sind in Deutschland grundsätzlich ohne weiteres Verfahren anerkannt (Art. 21 EuEheVO).
[45] Im Regelfall kommt also deutsches Recht zur Anwendung, sofern die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Die Fälle, in denen ausländisches Scheidungsrecht zur Anwendung kommt, sind daher selten geworden. Vor Inkrafttreten der EuScheidungsVO am 21.6.2012 war nach Art. 17 EGBGB a.F. auf die Scheidung eines kroatischen Ehepaares in Deutschland grundsätzlich kroatisches Recht anwendbar.
[46] OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.3.2001, 17 WF 88/01, OLGR Stuttgart 2001, 366 f. = IPRspr 2001, 325 ff. = FamRB 2002, 14.
[47] OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 24.8.2000, 6 WF 144/00, FamRZ 2001, 293 f.
[48] OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 683; OLG Stuttgart FamRZ 2002, 1032; OLG München, Beschl. v. 25.6.2012, 26 UF 965/12.

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