Ivana Mikulic, Daniel Schön
Rz. 44
Auf die Erbfolge bezogene Verträge werden im kroatischen Recht – wie auch in den anderen ehemals jugoslawischen Rechtsordnungen – weitgehend untersagt. Nichtig sind
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Verträge, mit denen der Erblasser seinen Nachlass durch vertraglich bindende Verfügung einem anderen hinterlässt (Erbvertrag im engeren Sinne), Art. 102 ErbG; |
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Verträge, in denen sich der Erblasser verpflichtet, eine bestimmte Verfügung in sein Testament aufzunehmen (Testiervertrag), Art. 104 ErbG; |
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Verträge, mit denen jemand über eine von ihm erwartete künftige Erbschaft, ein künftiges Vermächtnis oder andere Vorteile aus dem Tod eines anderen verfügt (Erbschaftsvertrag), Art. 103 ErbG. |
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Das gilt auch für Verträge, mit denen eine Person auf eine künftige Erbschaft verzichtet oder diese bereits vor Eintritt des Erbfalls unwiderruflich ausschlägt (Erbverzicht); ausgenommen ist allein der in Art. 134 ErbG geregelte Sonderfall. |
Hintergrund ist, dass die Testierfreiheit des Erblassers geschützt werden soll und keinen Beschränkungen unterworfen werden darf.
Rz. 45
Allerdings kann der Erblasser durch einen Übergabevertrag mit seinen Abkömmlingen vereinbaren, dass bestimmte Teile seines Vermögens in der vereinbarten Weise auf die Abkömmlinge oder einen von ihnen übergehen. Dem Vertrag müssen alle Abkömmlinge zustimmen. Gemäß Art. 111 ErbG kann auch der Ehegatte des Erblassers in den Übergabevertrag miteinbezogen werden. Der Übergabevertrag ist durch das Gericht zu beglaubigen oder durch einen öffentlichen Notar zu beurkunden, Art. 106 Abs. 2 ErbG. Der Vertrag kann sich ausschließlich auf Gegenstände beziehen, die dem Erblasser beim Abschluss des Vertrages schon gehören, Art. 107 Abs. 1 ErbG. Er bezieht sich also nicht auf sein künftiges Vermögen. Auch werden allein Aktiva erfasst. Zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Erblassers ist der Übernehmer nur verpflichtet, wenn er die Erfüllung vertraglich übernommen hat. Eine Übertragung der Verbindlichkeiten findet durch den Übergabevertrag aber nicht statt. Die vom Übergabevertrag erfassten Gegenstände fallen beim Tod des Erblassers nicht in den Nachlass, sondern gehen mit dem Zeitpunkt des Todes unmittelbar auf den Übernehmer über, Art. 108 Abs. 1 ErbG. Diese Rechtsfolge macht deutlich, dass der Abkömmling, der Vertragspartner des Übergabevertrages ist, die entsprechenden Nachlassteile nicht im Wege erbrechtlicher Rechtsnachfolge, sondern im Wege eines schuld- und sachenrechtlichen Rechtsgeschäfts quasi außerhalb der Erbfolge erwirbt. Gemäß Art. 109, 111 ErbG wird die Übergabe nur dann als Geschenk behandelt, wenn einer der Erben dem Vertrag nicht zugestimmt hat. Die Zuwendung kann daher weder bei der Bemessung der gesetzlichen Erbteile noch bei der Berechnung der Pflichtteile dem Nachlass zugerechnet werden. Vielmehr kommt der Zustimmung der Erben zu dem Übergabevertrag insoweit die Funktion eines gegenständlich beschränkten Verzichts auf Pflichtteilsergänzung zu.
Rz. 46
Möglich ist auch eine Zuwendung von Nachlassvermögen gegen eine Verpflichtung des Vertragspartners, dem Erblasser oder einer anderen Person lebenslangen Unterhalt zu leisten. Es gibt zwei Formen des Leibrentenvertrags: den Leibrentenvertrag, mit dem das Nachlassvermögen sofort auf den Vertragspartner übergeht, und die Vertragsvariante, wonach der Übergang des Vermögens erst mit dem Tod des Erblassers erfolgt. Aufgrund der aleatorischen Rechtsnatur dieser Verträge spielt der Wert oder die Dauer der Unterhaltsleistung im Verhältnis zum Wert der Gegenleistung grundsätzlich keine Rolle. Besteht allerdings eine zu hohe Diskrepanz zwischen den beiden Gegenleistungen, kann der Leibrentenvertrag zum Teil als auch Schenkungsvertrag angesehen werden. Der Vertrag muss gerichtlich beglaubigt oder notariell beurkundet werden, Art. 580 GSV.
Rz. 47
Der Leibrentenvertrag bewirkt, dass die Vermögenswerte, über die vertraglich verfügt wurde, nicht in das Nachlassvermögen fallen und damit beim Erbe unberücksichtigt bleiben. Aus diesem Grund hat diese Vertragsform eine erhebliche praktische Relevanz, da damit erbrechtliche Regelungen, insbesondere Pflichtteilsansprüche, umgangen werden können.
Rz. 48
Schließlich kennt das kroatische Recht die Möglichkeit einer Schenkung von Todes wegen. Eine derartige Vereinbarung ist in Form einer notariellen Urkunde zu errichten, Art. 491 GSV. In diesem Fall erwirbt der Beschenkte nach kroatischem Sachenrecht das Eigentum an dem geschenkten Gegenstand aufschiebend bedingt mit Eintritt des Todes des Schenkers, so dass dieser nicht Bestandteil des Nachlasses wird. Da auf diese Weise eine bindende und unentgeltliche Zuwendung von Vermögen auf den Todesfall möglich ist, stellt die Schenkung von Todes wegen einen gewissen Ersatz für die fehlende Möglichkeit vertragsmäßiger Verfügungen von Todes wegen dar.