Ivan Einwalter, Gina Grancaric
I. Allgemeines
Rz. 119
Das kroatische Konkursgesetz unterscheidet zwischen Konkurs, Vorinsolvenzverfahren und Reorganisation. Während der Konkurs auf die Beendigung der Gesellschaft abzielt, ist es das Ziel des Vorinsolvenzverfahrens und der Reorganisation, dem zahlungsunfähigen Unternehmen durch Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Schuldner und Gläubigern die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen. Gem. Art. 356 ff. SZ besteht weiter die Möglichkeit der Eigenverwaltung, bei der der Schuldner unter der Aufsicht eines Konkurstreuhänders steht, die Konkursmasse aber selbst verwaltet. Dieses Verfahren setzt einen Antrag des Schuldners und Zustimmung des Gläubigers, der das Konkursverfahren beantragt hat, voraus.
Rz. 120
Zusätzlich wird die freiwillige Liquidation mit dem Ziel der Beendigung der Gesellschaft und der Verteilung ihres gesamten Vermögens eingeleitet, nachdem alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Gläubigern beglichen wurden. Die Liquidation kann nur in Übereinstimmung mit den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Verfahren durchgeführt werden. In Kroatien ist die Liquidation kein Verfahren, das zur Umstrukturierung eines insolventen Unternehmens genutzt werden kann, denn wenn Konkursgründe vorliegen, wird die Liquidation zum Konkurs.
Im Jahr 2012 wurde durch das Gesetz über finanzielle Geschäftstätigkeit und Vorkonkursvergleich in das kroatische Rechtssystem das Institut eines Vorkonkurses, nämlich eines Vorkonkursvergleichs, eingeführt. Dieses Verfahren hat zum Ziel, einerseits die Möglichkeit einer finanziellen Restrukturierung der Gesellschaft zu prüfen bzw. zu ermöglichen und andererseits den Gläubigern der Gesellschaft bessere Bedingungen für die Begleichung ihrer Forderungen als jene, die sie im Konkursverfahren hätten, zu ermöglichen. Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Vorkonkursverfahrens vor, so endet das Vorkonkursverfahren entweder mit Abschluss eines Vergleichs zwischen dem Schuldner (Gesellschaft) und seinen Gläubigern, wodurch ein Teil der Forderungen berichtigt wird und die Zahlung der restlichen Forderungen in Raten und mit längeren Fälligkeitsfristen gewährt wird, oder bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens.
Die Besonderheit des Vorkonkursverfahrens ist, dass im Prinzip die Hauptgläubiger des Schuldners über den Abschluss eines Vorkonkursvergleichs entscheiden, wobei der abgeschlossene Vorkonkursvergleich für alle festgestellten Gläubiger des Schuldners gilt, auch wenn einige von ihnen am Verfahren nicht teilgenommen haben bzw. dem Vergleich nicht zugestimmt haben.
II. Konkursgründe bzw. Vorkonkursgründe
Rz. 121
Konkursgründe sind gem. Art. 5 SZ Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gesellschaft.
Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft besteht, falls die Gesellschaft nicht in der Lage ist, ihre fälligen Geldverpflichtungen auf die Dauer zu erfüllen; dabei wird angenommen, dass die Gesellschaft zahlungsunfähig ist, wenn (a) laut dem Verzeichnis der zuständigen Finanzbehörde ("FINA") in einem Zeitraum von mehr als 60 Tagen keine Zahlungsaufforderungen ("Forderungen"), die ohne Zustimmung der Gesellschaft zu erfüllen waren, von den Geschäftskonten der Gesellschaft erfüllt wurden, oder (b) die Gesellschaft drei Arbeitsgehälter in Folge nicht gezahlt hat.
Eine Überschuldung besteht, wenn das Vermögen der Gesellschaft geringer als die bestehenden Verpflichtungen der Gesellschaft ist; ist jedoch (a) aufgrund konkreter Umstände (Entwicklungsplan, Ressourcen, Art des Vermögens, erhaltene Sicherheiten u.Ä.) begründet anzunehmen, dass die Gesellschaft durch ihre weitere Geschäftstätigkeit ihre Verpflichtungen bei Fälligkeit ordnungsgemäß erfüllen wird, oder (b) haftet bei einer Personengesellschaft (eine d.o.o. ist keine Personengesellschaft) der Gesellschafter, der eine natürliche Person ist und über deren Vermögen kein Konkursverfahren eingeleitet oder eröffnet wurde, gesamtschuldnerisch für die Verpflichtungen der Gesellschaft, so werden die allgemeinen Regelungen über das Bestehen der Überschuldung nicht angewandt. Die Geschäftsführer müssen die Eröffnung des Vorkonkursverfahrens bzw., falls zutreffend, die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragen (so sind u.a. die Geschäftsführer verpflichtet, umgehend, jedoch spätestens 21 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen).
Rz. 122
Die drohende Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ist ein Vorinsolvenzgrund gem. Art. 4 SZ. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass die Gesellschaft nicht in der Lage sein wird, ihren bestehenden Verp...