Ivana Mikulic, Daniel Schön
A. Eheschließung
I. Materielle Voraussetzungen
1. Alternative zwischen kirchlicher Ehe und Zivilehe
Rz. 1
Als Besonderheit sieht das kroatische Familiengesetzbuch von 2015, welches das mehrfach geänderte Familiengesetzbuch von 2003 ersetzt hat (im Folgenden: FamG), die alternativ bestehende Möglichkeit vor, eine Ehe nicht gem. Art. 13 Abs. 2 FamG vor dem Standesbeamten, sondern (ohne vorhergehende Trauung vor einem staatlichen Organ) vor einem "Bediensteten einer Glaubensgemeinschaft, die mit der Republik Kroatien hierüber geregelte rechtliche Beziehungen hat", abzuschließen (Art. 13 Abs. 3 FamG). Gegenwärtig sind dies folgende Glaubensgemeinschaften: die katholische Kirche, die serbisch-orthodoxe, die mazedonisch-orthodoxe und die bulgarisch-orthodoxe, die evangelische und die reformierte christliche Kirche in der Republik Kroatien, die Pentecostkirche, die adventistische Kirche, der Verband der baptistischen Kirchen sowie die kroatische altkatholische Kirche und die islamische Gemeinschaft in Kroatien. Der zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigte Geistliche einer dieser Religionsgemeinschaften darf eine Ehe jedoch nur schließen, wenn die Brautleute eine Bestätigung des örtlich zuständigen Standesbeamten über die gesetzlich vorgeschriebenen Ehevoraussetzungen vorlegen, die nicht älter als 3 Monate sein darf (Art. 20 Abs. 1 und 4 FamG). Der Geistliche ist zudem verpflichtet, dem örtlich zuständigen Standesbeamten innerhalb von 5 Tagen nach der Eheschließung eine Bestätigung hierüber zu erteilen (Art. 21 Abs. 2 FamG).
2. "Verlöbnis"
Rz. 2
Ein Verlöbnis, auf das gesonderte gesetzliche Vorschriften anwendbar wären, gibt es im kroatischen Recht nicht. Insbesondere haben Verlobte – anders als beispielsweise Ehegatten – in Kroatien im Straf- und Zivilprozess kein Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. Art. 238 Abs. 1 kroat. ZPO und Art. 285 Abs. 1 kroat. StPO). Jedoch setzt das FamG insoweit ein Verlöbnis inzident voraus, als es festlegt, dass die Zeit zwischen Bestellung des Aufgebots und der Eheschließung selbst zwischen 30 und 45 Tagen betragen soll (Art. 17 Abs. 1 FamG).
3. Persönliche Voraussetzungen
a) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 3
Die Ehe können nur zwei Personen verschiedenen Geschlechts eingehen (Art. 12, 234 Abs. 1 Ziff. 1 FamG). Darüber hinaus bestehen gesetzliche Vorschriften über die außereheliche Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Nach Art. 11 FamG ist die außereheliche Lebensgemeinschaft der ehelichen Lebensgemeinschaft gleichgestellt. Von einer außerehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des FamG ist gemäß Art. 11 FamG auszugehen, wenn die Beziehung mehr als drei Jahre dauert oder wenn aus der Beziehung ein Kind hervorgegangen ist oder wenn die Beziehung in der Ehe fortgesetzt wird. Darüber hinaus besteht ein gesondertes Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Partner (siehe Rdn 94 ff.).
b) Ehefähigkeit
Rz. 4
Persönliche Voraussetzung für die Eheschließung ist im Regelfall die Vollendung des 18. Lebensjahres sowie Geschäfts- und Urteilsfähigkeit (Art. 25, 26 FamG). Vom Erfordernis der Vollendung des 18. Lebensjahres kann das Gericht im nicht streitigen Verfahren, das in etwa dem heutigen FamFG-Verfahren in Deutschland entspricht, für Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, eine Ausnahme erteilen, wenn diese geistig und körperlich reif für die Ehe sind und wenn dies dem Wohl dieser Person entspricht (Art. 25 Abs. 2 FamG). Nach dem Gesetzestext ist für diese Befreiung nicht Voraussetzung, dass der andere Ehegatte das 18. Lebensjahr vollendet hat, so dass Fälle, in denen beiden Ehegatten Befreiung vom Alterserfordernis erteilt wird, denkbar sind. Auch Personen, die nicht geschäftsfähig sind, können die Ehe schließen, sofern der gesetzliche Betreuer zustimmt (Art. 26 Abs. 2 FamG). Verweigert der Betreuer die Zustimmung, kann eine gerichtliche Entscheidung beantragt werden.
c) Kein Eheverbot
Rz. 5
Die Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn einer der zukünftigen Ehegatten bereits verheiratet is...