Leitsatz
Hintergrund
Die beklagte GmbH hatte sich gegenüber der mittlerweile insolventen KG, ihrer Enkelgesellschaft, verpflichtet, im Falle der Überschuldung fällige Verbindlichkeiten in dem zu deren Beseitigung erforderlichen Umfang zu erfüllen. Es lag also eine harte Patronatserklärung vor.
Die KG fiel in Insolvenz, kurz nachdem die Beklagte die Vereinbarung gekündigt hatte. Der Insolvenzverwalter verlangte von der Beklagten trotz der Kündigung Erfüllung der übernommenen Ausgleichspflicht.
BGH-Urteil:
Der Fall richtete sich noch nach dem bis zum Inkrafttreten des MoMiG am 31.10.2008 geltenden Eigenkapitalersatzrecht. Der BGH entschied, dass in der Patronatserklärung ein Kündigungsrecht auch für den Fall der finanziellen Krise der patronierten Gesellschaft wirksam vereinbart werden kann. Zwar könnten erbrachte Leistungen nicht zurückgefordert werden, eine privatautonom vereinbarte Lösungsmöglichkeit müsse aber berücksichtigt werden. Auch die Grundsätze des Finanzplankredits fänden keine Anwendung.
Hinweis
Die aufgrund der Bindungswirkung für die Konzernobergesellschaft als "harte Patronatserklärung" bezeichnete Erklärung wird in der Praxis teilweise als Kreditsicherheit, aber auch zur Abwendung der Insolvenz von Konzerngesellschaften oder zur Absicherung von deren Geschäftsleitung gegen Risiken aus dem laufenden Geschäft eingesetzt. Unklar war bislang, unter welchen Voraussetzungen sie gekündigt werden konnte. Das Schrifttum hielt dies schon lange für möglich, nun hat sich auch der BGH dieser Ansicht angeschlossen.
Der BGH hat weiterhin klarstellt, dass die Grundsätze der Unkündbarkeit von Finanzplankrediten - die nach einem Teil der Literatur auch unter dem neuen Recht anwendbar sind - keine Anwendung finden.
Hervorzuheben ist, dass der BGH die Kündigungsmöglichkeit aus der Privatautonomie herleitet. Bei der Abfassung zukünftiger Patronatserklärungen sollte also darauf geachtet werden, eine entsprechende Regelung aufzunehmen. Überdies sollte bei existierenden Patronatserklärungen versucht werden, eine solche Regelung über eine Vertragsergänzung ebenfalls zu vereinbaren. Denn ohne ausdrückliche, vertragliche Vereinbarung dürfte ein entsprechendes Kündigungsrecht nicht bestehen.
Geschäftsführer einer Tochter-GmbH sollten ebenso wie der Patron darauf achten, dass der sich aus der Patronatserklärung ergebende Anspruch vollwertig ist (§ 30 Abs. 1 GmbHG n.F.).
Die Entscheidung des BGH dürfte angesichts der Begründung auch unter Geltung des neuen Eigenkapitalersatzrechts gelten. Hier muss jedoch beachtet werden, dass die Kündigung zu ihrer Rechtssicherheit keinen zur Anfechtung durch den Insolvenzverwalter berechtigenden Tatbestand der §§ 129 ff. InsO darstellen darf.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 20.09.2010, II ZR 296/08