[8] "… Die Revision der Bekl. hat teilweise Erfolg. In diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BG."
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend nicht stand.
[9] 1. Unfall v. 8. 10. 2009
[10] Entgegen der Auffassung der Revision bestand der Unfallversicherungsvertrag zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Unfalles v. 8.10.2009 (Oberarmkopffraktur) allerdings noch. Die von der Bekl. erklärte Kündigung war nicht wirksam, da die Kündigungsfrist gem. Ziff. 10.3 S. 2 AUB 2000 nicht eingehalten wurde. Die einmonatige Kündigungsfrist begann mit der Zahlung des Krankenhaustagegeldes durch die Bekl. gem. Schreiben v. 9.7.2008 und war zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 13.8.2009 abgelaufen.
[11] aa) Die Frage, wie die Kündigungsfrist in Ziff. 10.3 AUB 2000, die den in der Unfallversicherung verwendeten Standardbedingungen entspricht (vgl. etwa Ziff. 10.3 AUB 2010 … ), zu berechnen ist, wird unterschiedlich beurteilt.
Nach überwiegender Auffassung entsteht das Kündigungsrecht für jede Vertragspartei, sobald eine Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbracht wurde, mithin mit der ersten Leistung (vgl. LG München I VersR 1981, 249; HK-VVG/Rüffer, 3. Aufl., Ziff. 10 AUB 2010 Rn 5; Grimm, Unfallversicherung 5. Aufl. Ziff. 10 AUB Rn 20, 26 … ). Nach der Gegenauffassung wird das Kündigungsrecht demgegenüber mit jeder Teilleistung neu begründet (so insb. Jacob, Unfallversicherung AUB 2014, 2. Aufl., Ziff. 10 Rn 6 … ).
[12] bb) Die überwiegende Auffassung trifft zu. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Klausel. Danach kann der Vertrag durch jede Vertragspartei beendet werden, wenn der VR “eine Leistung erbracht‘ hat. Bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen kommt es nach st. Rspr. des Senats darauf an, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. … Auf dieser Grundlage wird ein durchschnittlicher VN die Klausel dahin verstehen, dass das Kündigungsrecht einsetzt, sobald eine Leistung seitens des VR erbracht worden ist. Dem Klauselwortlaut lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass das Kündigungsrecht mit weiteren Leistungen jeweils neu entsteht. Anderenfalls hätte dies zur Folge, dass dem VR je nach Anzahl der von ihm erbrachten Teilleistungen eine für den VN unabsehbare Zahl von Kündigungsrechten zustünde. Ebenso wenig ist der Klausel zu entnehmen, dass das Kündigungsrecht und damit der Fristlauf erst mit der Abschlussleistung des VR einsetzt, durch die die Gesamtentschädigung geleistet wird. Dies wird dem VN im Wortlaut der Klausel, die unterschiedslos auf “eine Leistung‘ abstellt, nicht verdeutlicht.
[13] Auch aus dem dem VN erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel erschließt sich ihm nicht, dass dem VR jeweils ein neues Kündigungsrecht für den gesamten Vertrag zusteht, sobald er eine Teilleistung erbracht hat. Das Sonderkündigungsrecht nach Eintritt des Versicherungsfalles und Leistung des VR soll einerseits dem VN die Möglichkeit geben, sich vom Vertrag lösen zu können, wenn er mit der Regulierungspraxis des VR nicht zufrieden ist, sowie umgekehrt dem VR, wenn er Anlass hat, an der Redlichkeit des VN zu zweifeln, oder für die Zukunft weitere Schadenfälle erwartet (vgl. MüKo-VVG/Dörner, 2. Aufl., § 178 Rn 10; Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Ziff. 10 AUB 2008 Rn 5). Angesichts dieses auch für den VN ersichtlichen Zwecks der Klausel erhellt sich ihm nicht, weshalb dem VR immer neue Kündigungsrechte zustehen sollen, wenn er einzelne Teilleistungen erbracht hat. Vielmehr muss sich der VR, sobald er eine Teilleistung aus einem einheitlichen Unfallversicherungsvertrag erbracht hat, selbst darüber Klarheit verschaffen, ob er am Vertrag festhalten will oder nicht.
[14] Zwar sind in der Unfallversicherung – wie auch hier – häufig mehrere Leistungsarten vereinbart, insbesondere Krankenhaustagegeld und Invaliditätsleistung. In diesen Fällen kann es dazu kommen, dass die Leistungspflicht des VR etwa für Krankenhaustagegeldleistungen bereits feststeht, bevor abschließende Ermittlungen zu Grund und Höhe der Invaliditätsleistung getroffen wurden. Dies bedeutet aber nicht, dass dem VR zumindest ein isoliertes Kündigungsrecht für die verschiedenen Leistungsarten zusteht, sobald für diese jeweils eine Leistung erbracht wurde (in diese Richtung etwa Jannsen in Schubach/Jannsen, Private Unfallversicherung, Ziff. 10 AUB Rn 18). Für eine derartige Differenzierung nach Teilkündigungen für einzelne Leistungsarten ergibt sich aus der hier vereinbarten Klausel nichts.
[15] Scheidet eine Kündigung der Bekl. mithin bereits wegen Verfristung aus, so kann die weitere Frage, ob das in Ziff. 10.3 AUB 2000 vereinbarte Sonderkündigungsrecht einer materiellen Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält, offen bleiben.
[16] b) Aus der Unwirksamkeit der Kündigung der Bekl. folgt zugleich die Berechtigung der Forderung des Kl. bezüglich des Krankenhaustagegelde...