Leitsatz
Das Interesse einer Erbengemeinschaft, sich aus pragmatischen Gründen auseinander zu setzen und deshalb eine ererbte Eigentumswohnung zu veräußern, rechtfertigt für sich allein keine Kündigung i. S. v. § 573 Abs. 2 S. 3 BGB. Wird gekündigt, weil mit einer Wohnung im vermietetem Zustand ein erheblich geringerer Erlös zu erzielen ist als bei einer Veräußerung in unvermietetem Zustand, so ist der Nachteil anhand der Marktverhältnisse konkret nachzuweisen.
Fakten:
Die Erbengemeinschaft hatte dem Mieter gekündigt, weil sie die geerbte Wohnung unvermietet besser verkaufen konnten, als im vermieteten Zustand. Der Mieter hält die Kündigung für unwirksam. Zurecht. denn die Erbengemeinschaft habe, so das Gericht, kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Die Voraussetzungen der Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB liegen nicht vor, ein zu berücksichtigender Nachteil ist nicht vorgetragen. Bezugspunkt für eine Vergleichsrechnung ist nicht der absolute Vorteil, der den Erben bei Veräußerung einer Wohnung im unvermieteten Zustand entstehen würde, sondern ihre Vermögenslage im Zeitpunkt des Erwerbs der Wohnung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Wohnung mit einem Mietverhältnis behaftet erworben wurde. Die Erbengemeinschaft hat zwar die geplante Verwertungsmaßnahme, den Verkauf der Wohnung, konkret dargelegt. Auch handelt es sich bei der geplanten Verwertung um einen erlaubten Zweck. Die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses ist für die Erbengemeinschaft auch unrentabel. Doch die Aufwendungen, die den Erben entstehen, sind vor allem dadurch bedingt, dass eine Vielzahl von Erben vorhanden ist. Der Fortbestand des Mietverhältnisses hindert nicht die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, denn die Erbengemeinschaft kann durch Teilungsversteigerung auseinandergesetzt werden.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Urteil vom 26.09.2005, 5 U 73/05
Fazit:
Für eine wirksame Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist Voraussetzung, dass die Durchführung der Verwertung von der Beendigung des Mietverhältnisses abhängt. Eine bloße Erschwerung der Verwertung genügt nicht. Zwar ist jede Wohnung leichter und teuerer in bezugsfreiem Zustand zu verkaufen. Es müssen jedoch weitere Umstände hinzukommen, um einen zur Kündigung berechtigenden erheblichen Nachteil zu bejahen. Bei einem geplanten Wohnungsverkauf liegt dies vor, wenn der Vermieter das Haus oder die Wohnung in vermietetem Zustand entweder überhaupt nicht oder nur wirtschaftlich unangemessen zu einem niedrigeren als dem angestrebten Kaufpreis verwerten könnte, sodass ein Verkauf als wirtschaftlich sinnlos erscheint und der Kündigungsschutz des Mietverhältnisses damit zum faktischen Verkaufshindernis wird.