Erfahrungsgemäß wird die weit überwiegende Zahl der Räumungsklagen aufgrund Kündigung wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit nicht wegen Fehlens der tatsächlichen Voraussetzungen, sondern ausschließlich wegen Nichterfüllung der von der Rechtsprechung aufgestellten formalen Anforderungen an eine wirksame Kündigung bzw. an einen substanziierten Prozessvortrag abgewiesen.
Extrem hohe Anforderungen
Zusammenfassend kann zur Verdeutlichung dieser extrem hohen Anforderungen ein Urteil des LG Hamburg angeführt werden.
Was für die Kündigung und den Prozessvortrag anzugeben ist
Danach ist für die in jedem Einzelfall zu ermittelnde Grenze, bis zu welcher der Eigentümer wirtschaftliche Nachteile zu tragen hat, u. a. darzulegen
- die Erlöse bei Verkauf im vermieteten bzw. unvermieteten Zustand;
- Berechnung der bei bestehendem Mietverhältnis erwirtschafteten Rendite;
- ob eine ungünstige Rendite durch niedrige Mieteinnahmen bedingt ist und ob die Miete gegebenenfalls nach Mängelbeseitigung angehoben werden kann;
- die Würdigung, inwieweit der Kaufpreis für das Gebäude vollständig fremdfinanziert wurde und inwieweit der (mögliche) Verkaufserlös zur Tilgung verwendet werden muss;
- die Frage, ob das Mietobjekt seinerzeit vermietet erworben wurde und ob sich dies seinerzeit als Vorteil bezüglich des Kaufpreises niedergeschlagen hat;
- die Angabe von Hinweisen auf die Verkaufsbemühungen des Vermieters einschließlich der Kaufinteressenten und der Kaufpreisvorstellungen (bei vermietetem und auch unvermietetem Zustand);
- Angabe der Gründe für das Scheitern des Verkaufs, wobei diese bei Prüfung der Begründetheit nur berücksichtigt werden, wenn das Scheitern ausschließlich auf die Vermietung und nicht auch auf andere Gründe (z. B. hoher Kaufpreis) zurückzuführen ist.
Der Formulierung, dass es "u. a." dieser Darlegungen bedarf, ist zu entnehmen, dass im Einzelfall durchaus weitere Darlegungen und Ausführungen für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich sein können. Jedoch erscheint es in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts äußerst fraglich, ob es noch mit der Verfassung, insbesondere mit den Grundrechten des Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) vereinbar ist, derart hohe formale Anforderungen an die Wirksamkeit einer Kündigung zu stellen.
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu beanstanden, die Durchsetzbarkeit des materiellen Anspruchs von formellen Voraussetzungen abhängig zu machen, damit dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition verschafft wird. Jedoch ist es dem Richter verwehrt, durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Schranken den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen.
Dies ist auch der Fall, wenn das Gericht inhaltsgleiche Angaben über die Einschätzung des wirtschaftlichen Nachteils, der dem Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses entstehen soll, in den Gründen des Kündigungsschreibens und der Begründung des Räumungsanspruchs verlangt. In der entschiedenen Sache hatte das Landgericht den Vortrag des Vermieters über die Kaufpreisminderung wegen der Vermietung unberücksichtigt gelassen und die Kündigung aus formellen Gründen für unwirksam erklärt, weil die Kaufpreisminderung im Kündigungsschreiben mit 40 % und in der Begründung der Räumungsklage nur noch mit 30 % beziffert war.
Dieser Rechtsauffassung wurde vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung widersprochen, dass es sich hierbei nicht um ein anderes Vorbringen des Vermieters im Sinne eines Aliuds, sondern lediglich um ein teilweises Abrücken von seinem ursprünglichen Vortrag in der Kündigung handelt. Aufgrund der Angaben im Kündigungsschreiben konnte sich der Mieter Klarheit über seine Rechtsposition verschaffen. Er konnte erkennen, dass die Kündigung mit einer wesentlichen Einbuße beim erzielbaren Kaufpreis begründet wird. Daran hat sich auch durch das Vorbringen in der Räumungsklage nichts geändert. Eine andere Beurteilung durch das Instanzgericht überspitzt die Anforderungen an den Inhalt des Kündigungsschreibens in verfassungswidriger Weise und verletzt den Vermieter in seinem Eigentumsgrundrecht.
Weiterhin dürfen sich nach dieser Rechtsprechung die Gerichte nicht darauf beschränken, das Vorbringen des Eigentümers nur unter dem Gesichtspunkt der Hinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu prüfen; vielmehr ist dieses Vorbringen unter jedem einschlägigen rechtlichen Aspekt zu würdigen.
Verwertbarkeit oder allgemeines berechtigtes Interesse
Kann das Vorbringen die Kündigung wegen Hinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertbarkeit nicht stützen, darf das Gericht nicht allein deshalb die Klage abweisen, sondern muss weiter prüfen, ob das Vorbringen ein allgemeines berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne der Generalklausel des § 573 Abs. 1 ...