Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

Das Kündigungsschutzgesetz ist nach § 1 Abs. 1 KSchG in persönlicher Hinsicht nur auf Arbeitnehmer anzuwenden, die länger als 6 Monate in einem Betrieb oder Unternehmen beschäftigt sind. Unterbrechungen, die sich nicht auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses auswirken, sind dabei unerheblich.

Darüber hinaus gilt das Kündigungsschutzgesetz nur für Betriebe, die in der Regel mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer beschäftigen, ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Werden in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnittes des KSchG mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31.12.2003 begonnen hat. Diese Arbeitnehmer sind bei der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer bis zur Beschäftigung von zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen, § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG.

Kündigungsschutz außerhalb des KSchG

Außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber zunächst die formellen Voraussetzungen einer Kündigung beachten, und zwar die vertraglich oder tarifvertraglich vereinbarten Kündigungsfristen bzw. die Kündigungsfristen des § 622 BGB.

In materieller Hinsicht ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie nach § 138 BGB sittenwidrig ist oder nach § 242 BGB gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.

In Kleinbetrieben mit in der Regel weniger als zehn Arbeitnehmern ist die Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers durch die Rechtsprechung des BAG eingeschränkt worden. In einem Kleinbetrieb, in dem das Kündigungsschutzgesetz wegen der geringen Arbeitnehmerzahl nicht gilt, hat der Arbeitgeber im Fall der ordentlichen Kündigung ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren, das durch Art. 12 GG geboten ist. Entspricht eine Kündigung nicht diesen Anforderungen, verstößt sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und ist deshalb unwirksam (vgl. BAG, Urteil v. 21.2.2001, 2 AZR 15/00; BAG, Urteil v. 6.2.2003, 2 AZR 672/01).

Dieses Gebot wird damit begründet, dass den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes angesichts der schwerwiegenden und grundrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers zuzumuten ist, er jedoch durch die Herausnahme aus dem Geltungsbereich des gesetzlichen Kündigungsschutzes nicht völlig schutzlos gestellt werden darf. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor Verlust durch die private Disposition des Arbeitgebers, die sitten- und treuwidrig ausgeübt wird, ist durch die zivilrechtliche Generalklausel des § 242 BGB gewährleistet (vgl. BVerfG Beschluss v. 27.1.1998, 1 BvL 15/87). Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers kann von den Arbeitsgerichten nur darauf geprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes und der Interessen des Kleinunternehmers gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt (vgl. BAG, Urteil v. 21.2.2001, 2 AZR 15/00; BAG, Urteil v. 6.2.2003, 2 AZR 672/01).

Dieser Schutz kann jedoch nicht soweit führen, dass dem Kleinunternehmer praktisch die im Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden. Eine Kündigung ist demnach nicht bereits deswegen sittenwidrig, wenn sie sich auf Gründe stützt, die in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen (vgl. BAG, Urteil v. 21.2.2001, 2 AZR 15/00).

Der schwere Vorwurf der Sittenwidrigkeit kann daher nur in besonders krassen Fällen erhoben werden (vgl. BAG, Urteil v. 2.4.1987, 2 AZR 227/86; BAG, Urteil v. 24.10.1996, 2 AZR 874/95). Es geht hierbei darum, den Arbeitnehmer vor einer willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigung zu schützen. Darüber hinaus betrifft es vor allem Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte, die im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen wären.

Praxis-Beispiel
  • Eine Kündigung, die auf einer Diskriminierung i.S.d. Art. 3 Abs. 3 GG beruht, ist treuwidrig und damit unwirksam.
  • Bei der Kündigung ist ein durch langjährige Mitarbeit verdientes Vertrauen des Arbeitnehmers in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil v. 21.2.2001, 2 AZR 15/00; BVerfG Beschluss v. 27.1.1998, 1 BvL 15/87; BVerfG Beschluss v. 24.4.1991, 1 BvR 1341/90; BAG, Urteil v. 19.1.1995, 8 AZR 914/93).
  • Eine Kündigung ist nicht allein deshalb unwirksam, wenn in der schriftlichen Kündigungserklärung kein Kündigungsgrund angegeben ist (vgl. BAG, Urteil v. 21.2.2001, 2 AZR 15/00). Eine solche Pflicht besteht nur für die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit, § 22 Abs. 3 BBiG, oder für die nach behördlicher Zustimmung erklärte Kündigung gegen über einer durch § 9 Abs. 1 MuSchG geschützte Arbeitnehmerin.
  • Die Kündigung beruht auf einem verwerflichen Motiv des Arbeitgebers, z.B. Rachsucht, oder widerspricht aus anderen Gründen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.
  • Widersprüchliches Verhalten ...

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