Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 08.02.1994; Aktenzeichen 16 BV Ga 3/94) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.02.94 – 16 BV Ga 3/94 – wird zurückgewiesen.
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte, frist- und formgerecht eingelegte (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) und ausgeführte (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgten Haupt- und Hilfsantrag zu Recht abgewiesen.
Rechtsweg und Verfahrensart sind zutreffend gewählt (§ 2 a Abs. 1 Ziffer 1, Abs. 2 ArbGG).
Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt. Wie die gebotene Auslegung ergibt, begehrt die Antragstellerin erkennbar nicht etwa nur eine „Berichtigung” des Wahlausschreibens bei Fortsetzung des bereits eingeleiteten Wahlverfahrens; eine solche „Berichtigung” wäre schon im Hinblick auf den sich ändernden Inhalt der Vorschlagslisten nicht möglich (vgl. in diesem Zusammenhang etwa BAG Beschluß vom 12.10.76 – 1 ABR 1/76 – in AP Nr. 1 zu § 8 BetrVG 1972 unter II. 2. b. der Gründe; vgl. auch LAG Frankfurt in DB 90, 239 f unter II. 1. der Gründe). Vielmehr geht es der Arbeitgeberin ersichtlich darum, dem Wahlvorstand aufzugeben, das laufende Wahlverfahren abzubrechen und die Betriebsratswahl erneut und nunmehr für 9 Betriebsratsmitglieder auszuschreiben.
Daß einzelne Maßnahmen des Wahlvorstands bereits vor Abschluß des Wahlverfahrens gerichtlich angegriffen werden können, entspricht – wenngleich auch dies rechtlich nicht ohne weiteres eindeutig ist (vgl. dazu Beschluß des Beschwerdegerichts vom 15.02.88 – 8 TaBV 2/88 – teilweise, aber nicht insoweit, veröffentlicht in BB 88, 1344 ff – unter A. II. 2. der Gründe) – der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. etwa Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Kreutz, 4. Aufl., § 18 Rz. 64 mit zahlreichen Nachweisen).
Damit ist freilich die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen einem Wahlvorstand auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch Erlaß einer sogenannten Leistungsverfügung bestimmte Handlungen oder gar – wie vorliegend begehrt – der Abbruch des laufenden Wahlverfahrens aufgegeben werden kann, nicht beantwortet. Diese Frage ist vielmehr heftig umstritten (vgl. zum Meinungsstand Beschluß vom 15.02.88 unter A. II. 3. a.–c. der Gründe). Während teilweise die Zulässigkeit einer solchen Leistungsverfügung grundsätzlich verneint wird (vgl. etwa Heinze, RdA 86, 273 ff, 286) beschränken andere die Möglichkeit des Erlasses einer Leistungsverfügung auf die Falle, in denen es um die Verhinderung einer nichtigen Wahl geht (so das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluß im Anschluß an Held in DB 85, 1691 ff). Die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum hält Leistungsverfügungen in laufenden Wahlverfahren auch dann für möglich, wenn es um Korrekturen von Fehlern geht, die lediglich die Anfechtbarkeit der Wahl zur Folge haben, stellt aber sehr strenge Anforderungen an den Verfügungsanspruch (vgl. etwa GK-Kreutz, a.a.O., § 18 Rz. 76, 77; Hanau in DB 1986 Beilage Nr. 4 S. 10; Beschluß des Beschwerdegerichts vom 15.02.88 unter A. II. 3. d. der Gründe, insoweit veröffentlicht). Die bloße Wahrscheinlichkeit des Vorbringens gegen eine wesentliche Wahlvorschrift genügt nicht (vgl. GK-Kreutz, a.a.O.); vielmehr ist erforderlich, daß „im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Sicherheit festgestellt werden kann, daß ein wesentlicher Fehler vorliegt, der zweifelsfrei die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Wahl begründet, und dieser Fehler durch die einstweilige Verfügung noch korrigierbar ist. Dies setzt zumindest voraus, daß die maßgeblichen Tatsachen zweifelsfrei feststehen und unter Zugrundelegung dieser Tatsachen die Rechtslage, sei es aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen, sei es aufgrund einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung eindeutig und zweifelsfrei erscheint” (Beschluß des Beschwerdegerichts vom 15.02.88, a.a.O.). Dabei sind gegenüber einem lediglich berichtigenden Eingriff in das laufende Wahlverfahren eher noch gesteigerte Anforderungen zu stellen, wenn – wie vorliegend – im Wege der einstweiligen Verfügung die laufende Wahl abgebrochen werden soll, wird doch hierdurch die gesamte bisherige Tätigkeit des Wahlvorstands in irreparabler Weise Makulatur, und es entsteht häufig die Gefahr eines vorübergehenden betriebsratslosen Zustandes (vgl. GK-Kreutz, a.a.O., § 18 Rz. 76; Hanau, a.a.O.).
Hiervon ausgehend vermochte die erkennende Kammer vorliegend die begehrte Abbruchverfügung nicht zu erlassen. Allerdings spricht durchaus einiges dafür, daß dem Wahlvorstand, indem er die Betriebsratswahl für 11 Betriebsratsmitglieder ausschrieb, ein Verstoß gegen § 9 Satz 1 BetrVG i.V.m. § 3 ...