Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Beschluss vom 09.09.1993; Aktenzeichen 1 BV 23/93) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 09.09.1993 – 1 BV 23/93 – aufgehoben.
2. Der Antrag der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruches vom 28.06.1993, durch den die Zahlung von Erschwerniszulagen an in der Abteilung Mosaikparkett Beschäftigte, die besonderen Belastungen durch Holzstaub oder Lärm ausgesetzt sind, geregelt wurde.
Die Arbeitgeberin (Antragstellerin/Beschwerdegegnerin) ist ein Unternehmen der Holzindustrie. Sie gehört dem Verband Säge- und Holzindustrie … e. V. an. Sie beschäftigt ca. 290 Arbeitnehmer. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Verbandsmitglieder handelt es sich um Klein- und Mittelbetriebe. Nur ein kleiner Teil der Mitgliedsfirmen hat einen Betriebsrat. Im Betrieb der Arbeitgeberin gelten der Bundesmanteltarifvertrag für die Sägeindustrie und übrige Holzbearbeitung (BMS) sowie die regional abgeschlossenen Lohn- und Gehaltstarifverträge, namentlich mit Wirkung seit 01.03.1992 der Lohntarifvertrag für die Sägeindustrie in Baden-Württemberg vom 03.06.1992 (im folgenden als Lohntarifvertrag bezeichnet). § 4 Ziffer 3 dieses Tarifvertrages lautet:
Zulagen auf die Tariflöhne sind zu gewähren, soweit sie durch besondere Leistungen, Erfahrungen und Erschwernisse begründet sind. Die Höhe derselben wird vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgelegt.
Auf die Ablichtung dieses Tarifvertrages (Blatt 23 bis 26 der Akten) wird im übrigen verwiesen.
Der im Betrieb … gewählte Betriebsrat (Antragsgegner/Beschwerdeführer) forderte von der Arbeitgeberin unter Hinweis auf diese Tarifvorschrift mit Schreiben vom 11.06.1992, allen Beschäftigten der Abteilung Mosaikparkett ab 01.07.1992 eine Erschwerniszulage von 25 % auf ihren Tariflohn zu gewähren. Auf die Ablichtung dieses Schreibens (Blatt 15 und 16 der Akten) wird im übrigen verwiesen. Die Arbeitgeberin lehnte die Einführung von Erschwerniszulagen ab. Mit Schreiben vom 08.07.1992 hatte der Betriebsrat im Hinblick auf § 5 des Lohntarifvertrages die Tarifvertragsparteien gebeten, zwecks Schlichtung tätig zu werden. Auf die Ablichtung des Schreibens (Anlagen Blatt 107 der Akten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Nachdem auch ein Erinnerungsschreiben des Betriebsrates vom 20.08.1992, wegen dessen Wortlautes ebenfalls auf die Anlagen Blatt 107 der Akten verwiesen wird, innerhalb der dort gesetzten Frist nicht zu einer Reaktion der Tarifvertragsparteien führte, beantragte er beim Arbeitsgericht, den Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen. Das Arbeitsgericht entsprach dem im Verfahren 1 BV 14/92 durch rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 27.11.1992. Die Einigungsstelle tagte am 28.01.1993 und 28.06.1993. In ihrer Verhandlung vom 28.06.1993, in der ihr das Gutachten des Institutes für Arbeits- und Sozialhygiene (IAS) vom 26.03.1993 vorlag, das die Arbeitgeberin in Auftrag gegeben hatte, erging in der zweiten Abstimmungsrunde mit der Stimme des Vorsitzenden und den Stimmen der Betriebsratsseite ein Einigungsstellenspruch. Dieser sieht mit Wirkung ab 01.07.1992 die Zahlung einer Erschwerniszulage an die Beschäftigten der Abteilung Mosaikparkett vor, die besonderen Belastungen durch Holzstaub oder Lärm ausgesetzt sind. Die Zulage bemißt sich nach einer im Einigungsstellenspruch aufgeführten Staffelung, abhängig von der jeweiligen Belastung durch Holzstaub oder Lärm, nach Prozentsätzen des jeweiligen Tariflohnes der beteiligten Arbeitnehmer. Auf das Protokoll der Einigungsstellenverhandlung vom 28.06.1993 (Blatt 17 bis 20 der Akten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Der Einigungsstellenspruch vom 28.06.1993 wurde dem Bevollmächtigten der Arbeitgeberin am 20.07.1993 zugeleitet.
Mit ihrer Antragsschrift vom 29.07.1993, die am 02.08.1993 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, wendet sich Arbeitgeberin gegen den Spruch der Einigungsstelle vom 28.06.1993.
Sie hat geltend gemacht, die Einigungsstelle sei für die Entscheidung des Streites über Grund und Höhe der vom Betriebsrat geforderten Erschwerniszulage nicht zuständig. Nach dem Wortlaut der einschlägigen Tarifvorschrift habe der Betriebsrat weder ein Initiativ- noch ein Mitbestimmungsrecht in bezug auf die Feststellung, ob besondere Leistungen, Erfahrungen und Erschwernisse die Gewährung von Zulagen auf die Tariflöhne bedingen. Dies sei nicht auf kollektivrechtlicher Ebene, vielmehr zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages zu regeln. Die Arbeitsentgelte seien für den Bereich der Säge- und Holzindustrie in … durch Tarifvertrag geregelt. Die einschlägige Tarifbestimmung enthalte auch keine ausdrückliche Öffnungsklausel, welche die nähere Ausgestaltung den Betriebspartnern vorbehalte. Schließlich enthalte die einschlägige Tarifregelung auch kein ...