Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Zuordnung der Arbeitnehmer in die Entgeltgruppen nach den §§ 4 ff. ERA-TV Nordwürttemberg/Nordbaden

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Zuordnung der Arbeitnehmer in die Entgeltgruppen nach den §§ 4 ff. ERA-TV Nordwüttemberg/Nordbaden steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu. Die Tarifvertragsparteien haben eine tarifliche Regelung vereinbart, wonach die Entgeltfindung von der abstrakten Einstufung der Arbeitsaufgabe abhängt und damit ohne Ein- bzw. Umgruppierungsvorgang stattfindet.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1; ERA-TV § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 16.05.2008; Aktenzeichen 26 BV 116/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.01.2011; Aktenzeichen 7 ABR 35/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten Ziff. 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 16.05.2008 – 26 BV 116/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Beschwerdeverfahrens noch über die Frage, ob der Beteiligte Ziff. 2 bei der Zuordnung von Arbeitnehmern in die Entgeltgruppen des Entgeltrahmen-Tarifvertrag der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden ein Beteiligungsrecht wegen Ein- oder Umgruppierung nach § 99 BetrVG hat.

Die Beteiligte Ziff. 1/Antragstellerin (im folgenden: Arbeitgeberin) unterhält am Standort in B. einen Betrieb mit ca. 640 Arbeitnehmern. Die Antragstellerin produziert Lenkungen, Pumpen, Lenksäulen und Lenksysteme für Kraftfahrzeuge. Der Beteiligte Ziff. 2 (im folgenden: Betriebsrat) ist der im Werk B. gebildete Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin wendet in ihrem Betrieb das Tarifwerk für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden an. Die Tarifparteien schlossen am 16.09.2003 einen Entgeltrahmen-Tarifvertrag (im folgenden: ERA-TV) sowie einen Einführungstarifvertrag zum ERA-TV (im folgenden: ETV ERA) ab. Nach der Protokollnotiz zu § 2.1.2 ETV ERA wurde die Einführungsphase für den neuen Entgeltrahmen-Tarifvertrag auf die Zeit vom 01.03.2005 bis 29.02.2008 festgelegt. Nach Abschluss der Einführungsphase gilt der ERA-TV für alle Betrieb verbindlich. Bei der Arbeitgeberin fand die Einführung des ERA-TV am 01.07.2007 statt.

Die maßgeblichen Regelungen des ERA-TV haben folgenden Inhalt:

§ 4

Grundsätze der Grundentgeltermittlung

4.1 Grundlage für die Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des/der Beschäftigten gemäß § 9.1 ist die eingestufte Arbeitsaufgabe.

4.2 Die Arbeitsaufgabe wird durch die Arbeitsorganisation bestimmt. Sie wird ganzheitlich betrachtet. Zu ihrer Einstufung werden alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt.

§ 5

Einstufung der Arbeitsaufgabe

5.1 Gegenstand der Bewertung

5.1.1 Gegenstand der Bewertung und Einstufung sind die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe.

5.1.2 Bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe sind alle Teilaufgaben zu berücksichtigen, soweit sie die Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit prägen.

5.2 Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe

5.2.1 Die Bewertung der Arbeitsaufgabe erfolgt unter Anwendung des im Folgenden dargestellten Stufenwertzahlverfahrens als Methode der Arbeitsbewertung gemäß § 6.

5.2.2 Das Stufenwertzahlverfahren kann unmittelbar (§ 6.4.1) oder in der Form einer Vergleichsbewertung, bezogen auf die tariflichen Niveaubeispiele (§ 6.4.2) oder bezogen auf die betrieblichen Ergänzungsbeispiele (§ 6.4.3), angewendet werden.

Bestandteil des Systems der Bewertung und Einstufung ist der im Anhang beigefügte Katalog von tariflichen Niveaubeispielen.

5.2.3 Die Tarifvertragsparteien werden den Katalog der Niveaubeispiele, ausgehend von der technischen und organisatorischen Entwicklung, auf die Notwendigkeit der Aufnahme neuer Beispiele hin überprüfen und eventuell Ergänzungen möglichst unverzüglich vereinbaren.

§ 6

System der Bewertung und Einstufung

6.1Stufenwertzahlverfahren

6.1.1 Grundlage der Bestimmung des Werts einer Arbeitsaufgabe sind folgende Bewertungsmerkmale für Arbeitsanforderungen (Definition siehe Anlage 1):

  1. Wissen und Können

    1.1 Anlernen

    1.2 Ausbildung und Erfahrung

  2. Denken
  3. Handlungsspielraum/Verantwortung
  4. Kommunikation
  5. Mitarbeiterführung

6.1.2 Die Anforderungsniveaus der Bewertungsmerkmale werden durch Stufen differenziert (Anlage 1).

6.1.3 Die Gewichtung der Bewertungsmerkmale und Stufen ergibt sich aus den zugeordneten Punkten (in Anlage 1).

6.1.4 Die Gesamtpunktzahl einer Arbeitsaufgabe ergibt sich aus der Addition der Punkte aus den einzelnen Bewertungsmerkmalen.

6.1.5 Die Gesamtpunktzahl wird wie folgt 17 Entgeltgruppen zugeordnet:

Entgeltgruppe

Gesamtpunktzahl

Entgeltgruppe

Gesamtpunktzahl

1

6

10

35 – 38

2

7 – 8

11

39 – 42

3

9 – 11

12

43 – 46

4

12 – 14

13

47 – 50

5

15 – 18

14

51 – 54

6

19 – 22

15

55 – 58

7

23 – 26

16

59 – 63

8

27 – 30

17

64 – 96

9

31 – 34

6.2 Die tariflichen Niveaubeispiele (Anhang) sind unter Anwendung des Stu...

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